In der Zeit hat eine Frau Kiyak eine Kolumne mit dem Titel Genug mit dem dummen Geschwätz! geschrieben.
Sie kommt dabei zum Schluss, Political Correctness sei eigentlich gleichbedeutend mit einer liberalen, humanistischen Einstellung, die alle Menschen als gleichberechtigt und gleichwertig wahrnimmt und sie auch so behandelt, und damit natürlich gut.
Schade ist nur, dass „Political Correctness“ außerhalb des akademisch-kulturell-hochstehenden Umfeldes eher bedeutet, unangenehme Wahrheiten aus politischem Interesse heraus zu unterdrücken. Es bedeutet, dass alle Menschen sich nur noch so äußern sollen, wie sie sich äußern würden, wenn die Welt so wäre, wie sie sein sollte. Auf diese Weise, so hoffen manche Linke, werde die Welt sich irgendwann an diese politische korrekte Darstellung, bzw. die Erzählung, anpassen.
Nehmen wir ein Beispiel für die Anwendung von „PC“: Ich war vor Jahren in Amsterdam. Ich war auch das Rotlichtviertel ansehen. Kurz vor dem „Ausgang“ ((diese versenkbaren Poller mit Beleuchtung, quasi die Demarkationslinie des Rotlichtviertels)) bot mir ein Mensch mit stark dunkel pigmentierter Haut harte Drogen an.
Das ist die Wahrheit. Aber die PC möchte nicht, dass das die Wahrheit ist, oder zumindest nicht, dass ich sie einfach so ohne weitere Erläuterung sage. Zumindest sollte ich doch auch sagen müssen, dass die meisten PoC in den Niederlanden hart arbeitende Bürger sind, die Steuern zahlen, und dass auch die meisten schwarzen Männer im Amsterdamer Rotlichtviertel Putzmänner oder Väter und Mitglieder im Kirchenchor sind. Das heißt: Was nicht in die Erzählung von der Gleichheit aller Menschen passt oder diese stören könnte, weil es möglicherweise von bösartigen Menschen als pauschalisierendes Werturteil über eine Gruppe ausgelegt werden könnte, soll man eigentlich nur mit Fußnote oder Disclaimer sagen können oder am besten gar nicht sagen, wegen der Missverständlichkeit und der Vorurteile, die dadurch bestätigt werden könnten.
Die Intention hinter der PC ist natürlich gut, aber die Umsetzung ist es nicht. Zu oft wurden Menschen als Nazis und Arschlöcher niedergemacht, nur weil sie die subjektive und teilweise auch objektive Wahrheit gesagt haben.
Zu sagen, dass in Amsterdam im Rotlichtviertel vor Jahren mindestens ein schwarzer Drogendealer herumgelaufen ist heißt weder, dass alle Schwarzafrikaner Drogendealer oder alle Drogendealer schwarz sind, und es ist natürlich auch statistisch nicht relevant, und Nazis könnten natürlich auf dieser Stichprobe der Realität aufbauend von „lauter Einzelfällen“ reden, und und und, aber wahr ist es trotzdem, und unschöne Dinge zu verschweigen in der Hoffnung, dann werden alles irgendwie gut werden, bzw. mit der Begründung, der Pöbel könne sie ja falsch verstehen, funktioniert nicht. Und es ist auch niemand, der die Wahrheit sagt, dafür verantwortlich, dass andere Menschen diese Wahrheit zur Konstruktion bzw. zum Ausbau ihres eigenen, diskriminierenden Weltbilds verwenden könnten. Insofern ist PC als Mittel der Unterdrückung unangenehmer Wahrheiten nur eine Form von „Shooting the Messenger“.
Die Erzählung von der Welt, wie sie sein sollte, kann man nicht durchdrücken, weil sie schlicht nicht wahr ist. Sie wird nicht funktionieren. Ebenso wenig, wie in der DDR die Erzählung vom Sieg des Sozialismus und der Demokratie in der SED funktioniert hat.
Es bleibt leider nichts übrig, als die Realität immer wieder neu einzuordnen und „den Dummem“ zu erklären, anstatt zu versuchen, diese mundtot zu machen. Und da, wo sich wirklich Defizite in der Realität auftun, sollte man diese nicht ignorieren oder leugnen, sondern benennen und angehen.
Nur so kann die Welt wirklich besser werden, nicht aber durch eine „Erzählung“, die zwar schöner ist, aber nicht wahr. Darum ist meiner Meinung nach der sogenannte radikale Konstruktivismus und damit auch die Political Correctness im Sinne des „politisch motivierten Verschweigens bzw. Beschönigens der Wahrheit“ als Mittel zur Schaffung einer besseren Welt durch die Errichtung und Verteidigung der Erzählung von einer besseren Welt am Ende.