Archiv für den Monat: Februar 2019

Mit Jan Böhmermann und Axel Voss im digitalen Wandlitz

Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk beschäftigte Personen wie Jan Böhmermann ((oder auch Mario Sixtus)) haben sich auf Twitter dazu bekannt, oft und gerne andere Teilnehmern zu blocken, die sie für Idioten halten:

Sicher funktioniert das subjektiv gesehen erstmal sehr gut, wenn man aufgrund der eigenen medialen Reichweite tausende Follower hat, die im Zweifel alles „liken“, teilen und retweeten, was man so von sich gibt.
Ich halte es aber dennoch langfristig für einen Fehler Trolle und Idioten im großen Stil zu blocken, denn wenn man die extremeren Gegenmeinungen wegblockt, dann wird man die weniger extremen Gegenmeinungen als extrem empfinden, auch wegblocken, und am Ende alles für abwegig halten, was nicht komplett auf der eigenen Linie ist. Denn man hat ja immer genug Applaus von der eigenen Seite.
Am Ende sitzt man — so wie die DDR-Führung in Wandlitz, die dachte, dass alles eigentlich ganz super läuft — in seinem eigenen digitalen Wandlitz und merkt gar nicht mehr, dass die Mehrheit der Menschen und die Mehrheit der Menschen, die offen mit einem reden, zwei völlig unterschiedliche Dinge sind. Dann hat man möglicherweise die Mehrheit der Menschen längst gegen sich, sogar aus guten Gründen, aber hat es nicht gemerkt.

Und ich glaube, das Problem ist nicht nur theoretisch, sondern in einigen Parteien und Länder Europas sogar ziemlich virulent. Das Urheberrecht im Internet und dessen Durchsetzung ist nur ein Thema, wo sich die Politik anscheinend in ihrer Lobbyisten-Blase von der Meinung der Mehrheit vollkommen abgekoppelt hat(te).

Das Risiko, dass davon ausgeht, sich seine eigene Welt zurechtzublocken, scheint mir jedenfalls größer als der Schaden, der entsteht, wenn man Unsinn in die Timeline gespült bekommt. Vielleicht ist es etwas zu viel für einen Menschen, Kommentare von zigtausend Followern zu bekommen. Aber das ist eben die dunkle Seite der Berühmtheit. Wer auf dem Boden bleiben will, der sollte besser unter Pseudonym in den sozialen Medien unterwegs sein und auf den mit hohen Followerzahlen einhergehenden „Ruhm“ und (wahrscheinlich auch nur scheinbaren) Einfluss verzichten.

Unser volkseigener Bestfunk!

Nach der Veröffentlichung des „Framing Gutachtens“, dass die ARD (angeblich noch unter ihrer umstrittenen Intendantin, der DDR-Juristin Karola Wille, unter deren Ägide der MDR auch versuchte, den Blogger Hadmut Danisch mit extrem fragwürdigen Abmahnungen an seiner Meinungsaußerung zu hindern) in Auftrag gegeben hat, stellen sich Fragen.

Eine unwichtigere wäre, warum die ARD externe Experten braucht. Arbeiten dort nicht tausende Journalisten, Linguisten, Magister und Master, die möglicherweise selbst erarbeiten können sollten, wie man die Außendarstellung der ARD verbessern kann? Ist man dort so unfähig wie bei Frau von der Leyens Bundeswehr, dass man externe Beratung nötig hat, weil man allein rein gar nichts auf die Kette kriegt?

Die eigentlich wichtige Frage ist aber: Ist es moralisch irgendwie zu rechtfertigen, wenn eine halbstaatliche Institution, die sich als Verteidigerin der Demokratie gibt, versucht, die Debatte über ihre eigene Notwendigkeit mit (im übertragenen Sinne) roher Gewalt, nämlich Medien-Übermacht und aus Zwangsgebühren bezahlter Psycho-Manipulation auf unterbewusster Ebene, zu unterdrücken?

Und die Antwort kann nur lauten: Nein, ist es nicht. Die ARD hat kein Recht, die Mittel, die ihr von der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden um unabhängig und pluralistisch berichten zu können zu nutzen, um einseitig und in eigener Sache Kampagnen zur Manipulation ihrer Zuschauer in Auftrag zu geben mit dem Ziel, sich selbst für unersetzlich zu erklären und alle, die hier anderer Meinung sind, als Demokratie-Feinde in die rechte Ecke zu stellen.

Die ARD hat schon mit der Beauftragung und Diskussion dieses Gutachtens bewiesen, dass sie sich selbst für über Politik und Demokratie schwebend hält. Der Glaube an die eigene Unfehlbarkeit und den quasi gottgegebenen Auftrag, das Volk „richtig“ zu informieren, ist so stark in der ARD, dass man nicht mehr reflektiert, sondern lieber darüber nachdenkt, wie man seine eigene Sichtweise, nötigenfalls mit Manipulationstechniken, durchsetzen kann.

Dass die ARD sich im Framing-Gutachten zur alleinigen vierten Gewalt hochschreiben lässt, da „Kommerzmedien“ bzw. „Profitsendern“ natürlich nicht getraut werden kann, passt gut dazu, dass z.B. der MDR unabhängige Blogger mit Zwangsgebühren-Milliarden im Rücken abmahnt, um sie zum Schweigen zu bringen.
Die ARD ist dem Anschein nach zu einem System geworden, dessen primäres Ziel die Selbsterhaltung geworden ist, das ein Bewusstsein entwickelt hat für die eigene Berufung zum „alleinigen Bewahrer von Demokratie und Freiheit“.
Natürlich, man kann nicht ausschließen, dass das gesamte Framing-Manual allein Kopfgeburt von Frau Wehling und Mitarbeitern ist. Aber wie realistisch ist es, dass die ARD nicht zumindest eine Richtung vorgegeben hat? Wie realistisch ist es, dass ohne irgendwelche Vorgaben etwas wie dieser Abschnitt herauskommt?

Die Sachlage ist eine andere: Bürger, die sich nicht gemäß der demokratischen
Vereinbarung
am gemeinsamen Rundfunk ARD beteiligen, sind wortbrüchig
oder auch illoyal. Sie liegen nicht nur den anderen auf der Tasche, täuschen
und betrügen und genießen weiterhin uneingeschränkten Zugang zur gemeinsamen
medialen Infrastruktur ARD – sondern sie halten sich nicht an unsere
demokratisch getroffenen und damit für alle verbindlichen Vereinbarungen
und missachten den allgemeinen Willen des Volkes. Sie sind Beitragshinterzieher,
sie begehen Wortbruch, machen sich des Loyalitätsbruchs schuldig.

Natürlich, die ARD verteidigt sich damit, das „Manual“ sei nie zur Anwendung gekommen, es sei nur als Diskussiongrundlage für Workshops gedacht gewesen.
Aber wer soll das glauben? Bei 120.000€ Kosten für Manual und Workshops? Oder ist es bei der ARD normal, mal eben 120.000 rauszuhauen für Dinge, die man dann nachher gar nicht nutzt? Wie wahrscheinlich ist es, dass das Dokument im Wert von 90.000€ in einem Rutsch und ohne mehrfache inhaltliche Abstimmung mit der ARD produziert worden ist?

Es scheint dringend notwendig, dass die außer Kontrolle geratene ARD sich darauf besinnt, dass Ihre Existenz darauf gründet, dass sie eine Grundversorgung der Bürger mit Information sicherstellen soll – und nicht mit Desinformation und Manipulation bzw. Propaganda in eigener Sache.
Das Framing-Gutachten der ARD muss öffentlich breit diskutiert werden. Das sich eine staatlich finanzierte Institution anschickt, sich selbst durch eine groß angelegte manipulative Kampagne gegen Kritik zu immunisieren, ist hochgradig bedenklich.

Politisch ungewollte Medienkompetenz

Allenthalben hört man politische Forderungen nach „mehr Medienkompetenz“.

Aber wenn dann tatsächlich Medienkompetenz entsteht, wenn die Menschen die Mechanismen der Medien durchschauen, dann ist es dem Anschein nach auch wieder nicht recht.
Offensichtlich ist Medienkompetenz nur dann politisch opportun, wenn diese zu den „richtigen“ Erkenntnissen führt.

Jüngstes Beispiel ist die engelsgesichtige, finanziell besser ausgestattete Vielfliegerin der Grünen Jugend, deren Aufstieg als Berufs-Umweltfunktionärin jetzt möglicherweise ein jähes Ende genommen hat, weil sie jegliche Glaubwürdigkeit verloren hat. Hier schimpfen viele Medienschaffende, zum Beispiel auch Frau Hayali, jetzt auf denjenigen, der dies aufgedeckt hat, und darüber, dass der Pöbel die offensichtliche Unvereinbarkeit von persönlichem Handeln und öffentlichem Reden tatsächlich als diskreditierend sieht.

Da wäre den meisten Journalisten anscheinend lieber, wenn die Leute null Medienkompetenz hätten und man ihnen eine junge Frau mit dem CO²-Fingerabdruck einer Kleinstadt als Umweltretterin verkaufen könnte. Und das, obwohl die gleichen Journalisten vor noch gar nicht allzu langer Zeit einen gewissen Herrn Merz als vollkommen unglaubwürdig geframed haben, nur weil der sich die im Vergleich lächerliche „Sünde“ zu Schulden hat kommen lassen, sich nicht selbst als Teil der Oberschicht sehen zu wollen.

Und auch dieser anders begabten Jugendlichen mit den Zöpfen nehmen viele Menschen die besorgte Umweltaktivistin einfach nicht ab, und wollen sich nicht ausreden lassen, dass es doch eher wahrscheinlich ist, dass sie von professionellen Umweltaktivisten als „Vertreterin der jungen Generation“ mit dem Attribut „wegen Asperger in der Sache objektiv“ extra als Aushängeschild gecastet worden ist. Schon weil die Story, dass ein wahrscheinlich persönlichkeitsbedingt eher kontaktscheues Mädchen mal eben aus dem Nichts zur international bekannten Umweltaktivistin wird (was andere in einem Leben nicht schaffen), und dann gleich eine Einladung zum Weltklimaforum bekommt, doch sehr, sehr, sehr unwahrscheinlich ist.

Wenn das passiert — wenn Menschen tatsächlich nachdenken und reflektieren und abwägen und es wagen, selbst Dinge „einzuordnen“ und selbst Erklärungen zu finden — dann ist diese praktische angewandte Medienkompetenz plötzlich politisch nicht mehr gewollt. Dann sind logische Schlüsse und vernünftige Annahmen nicht mehr Einordnungen, sondern Verschwörungstheorien, und kritisches Hinterfragen wird zu politisch motivierter Menschenfeindlichkeit umgedeutet.

Wie viel schöner wäre es doch für die deutschen Journalisten, wenn die „einfachen Menschen“ einfach still wären und das Einordnen und Bewerten aller Dinge den staatsnahen Medien oder ggf. SPD-nahen Zeitungen überließen! Dann könnte man die öffentliche Meinung weiter mit schlechten PR-Stunts manipulieren, die wie aus „Wag the dog“ kopiert erscheinen.

Which image is from wag the dog?
Welches Bild ist aus „Wag the dog“? (Quelle: IMDB/Stern)