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Politisch ungewollte Medienkompetenz

Allenthalben hört man politische Forderungen nach „mehr Medienkompetenz“.

Aber wenn dann tatsächlich Medienkompetenz entsteht, wenn die Menschen die Mechanismen der Medien durchschauen, dann ist es dem Anschein nach auch wieder nicht recht.
Offensichtlich ist Medienkompetenz nur dann politisch opportun, wenn diese zu den „richtigen“ Erkenntnissen führt.

Jüngstes Beispiel ist die engelsgesichtige, finanziell besser ausgestattete Vielfliegerin der Grünen Jugend, deren Aufstieg als Berufs-Umweltfunktionärin jetzt möglicherweise ein jähes Ende genommen hat, weil sie jegliche Glaubwürdigkeit verloren hat. Hier schimpfen viele Medienschaffende, zum Beispiel auch Frau Hayali, jetzt auf denjenigen, der dies aufgedeckt hat, und darüber, dass der Pöbel die offensichtliche Unvereinbarkeit von persönlichem Handeln und öffentlichem Reden tatsächlich als diskreditierend sieht.

Da wäre den meisten Journalisten anscheinend lieber, wenn die Leute null Medienkompetenz hätten und man ihnen eine junge Frau mit dem CO²-Fingerabdruck einer Kleinstadt als Umweltretterin verkaufen könnte. Und das, obwohl die gleichen Journalisten vor noch gar nicht allzu langer Zeit einen gewissen Herrn Merz als vollkommen unglaubwürdig geframed haben, nur weil der sich die im Vergleich lächerliche „Sünde“ zu Schulden hat kommen lassen, sich nicht selbst als Teil der Oberschicht sehen zu wollen.

Und auch dieser anders begabten Jugendlichen mit den Zöpfen nehmen viele Menschen die besorgte Umweltaktivistin einfach nicht ab, und wollen sich nicht ausreden lassen, dass es doch eher wahrscheinlich ist, dass sie von professionellen Umweltaktivisten als „Vertreterin der jungen Generation“ mit dem Attribut „wegen Asperger in der Sache objektiv“ extra als Aushängeschild gecastet worden ist. Schon weil die Story, dass ein wahrscheinlich persönlichkeitsbedingt eher kontaktscheues Mädchen mal eben aus dem Nichts zur international bekannten Umweltaktivistin wird (was andere in einem Leben nicht schaffen), und dann gleich eine Einladung zum Weltklimaforum bekommt, doch sehr, sehr, sehr unwahrscheinlich ist.

Wenn das passiert — wenn Menschen tatsächlich nachdenken und reflektieren und abwägen und es wagen, selbst Dinge „einzuordnen“ und selbst Erklärungen zu finden — dann ist diese praktische angewandte Medienkompetenz plötzlich politisch nicht mehr gewollt. Dann sind logische Schlüsse und vernünftige Annahmen nicht mehr Einordnungen, sondern Verschwörungstheorien, und kritisches Hinterfragen wird zu politisch motivierter Menschenfeindlichkeit umgedeutet.

Wie viel schöner wäre es doch für die deutschen Journalisten, wenn die „einfachen Menschen“ einfach still wären und das Einordnen und Bewerten aller Dinge den staatsnahen Medien oder ggf. SPD-nahen Zeitungen überließen! Dann könnte man die öffentliche Meinung weiter mit schlechten PR-Stunts manipulieren, die wie aus „Wag the dog“ kopiert erscheinen.

Which image is from wag the dog?
Welches Bild ist aus „Wag the dog“? (Quelle: IMDB/Stern)

Lehren wir doch einfach mal Medienkompetenz!

Medienkompetenz ist in aller Munde. Alle Nase lang fühlt sich irgendein Politiker bemüßigt, das Lehren von Medienkompetenz zu fordern.

Das ist schön und gut, aber „One does not simply teach Medienkompetenz in school“:

One does not simply teach "Medienkompetenz" in school

Denn „Medienkompetenz“ ist eine Fähigkeit, die viele andere Fähigkeiten voraussetzt, die auf vielen anderen, grundlegenden Fähigkeiten aufbaut.
Medienkompetenz setzt erst einmal voraus, dass man Texte erfassen kann. Schon an dieser Fähigkeit hapert es anscheinend bei vielen Schulabgängern. Manche können nicht einmal lesen.

Dann setzt Medienkompetenz voraus, den Subtext, die Intention, die Motive hinter einem Medium zu erfassen.
Das setzt grundlegende psychologische Fähigkeiten oder zumindest Sozialkompetenz voraus, was Empathie voraussetzt.
Es braucht weiterhin ein Grundverständnis wirtschaftlicher, politischer und geschichtlicher Zusammenhänge, um tatsächliche Medienkompetenz zu entwickeln. Und um nicht durch rhetorische Tricks, Sophismen, NLP, Werbe- und Verkaufspsychologie ausgetrickst zu werden wären auch Kenntnisse dieser Techniken notwendig.

Das heißt: Die Schule kann nur Grundlagen von Medienkompetenz vermitteln. Kritisches Hinterfragen, mehrere Blickwinkel einzunehmen. Und das wurde auch vor 25 Jahren in der Schule schon gemacht.

Das ständige Gerede von „Medienkompetenz“-Unterricht soll meiner Meinung nach nur davon ablenken, dass die Bildung immer schlechter wird – oder zumindest nicht wirklich besser.
Wir sollen vergessen, dass die Schulzeit mit dem G8 und die Studienzeit mit dem Bachelor gekürzt wurden, um die Lebensarbeitszeit zu verlängern und der Wirtschaft schneller mehr Menschenmaterial zuzuführen, obwohl das Wissen sich (angeblich) alle paar Jahre verdoppelt und darum die Aneignung von Wissen eher mehr Zeit im Leben einnehmen müsste als weniger.

Möglicherweise glauben die Bildungspolitiker, die von Medienkompetenz reden, auch wirklich, dass dies eine Fähigkeit sei, die man in der Schule mal eben lehren könne. Tatsächlich ist es meiner Meinung nach aber so, dass Medienkompetenz eine Fähigkeit ist, die sich langsam entwickelt, die hohe Ansprüche an die intellektuellen Fähigkeiten hat, und für die man in der Schule nur die Grundvoraussetzungen schaffen kann.