Archiv für den Monat: April 2018

Die Wahl von Andrea Nahles ist kein Neuanfang

Gestern hat die SPD Andrea Nahles zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt.
Geframed wurde diese Wahl im Vorfeld als „Erste Wahl einer Frau zur Vorsitzenden seit der Parteigründung vor 154 Jahren“, also als eine Art Triumph der Frauenbewegung.

Aber im Jahr 2018 ist es wirklich keine besondere Sache mehr, wenn eine Frau in ein Amt gewählt wird. Und besonders im Fall Nahles konnte man das Gefühl haben, dass Nahles nur deshalb zur großen Hoffnung hochgejazzt wurde, weil sonst niemand da war.

Denn Andrea Nahles ist wirklich keine Hoffnungsträgerin. Sie ist ein Apparatschik, der sein Leben mit 20 Semestern Studium, dem Schreiben von Büchern über sich selbst und mit Politik verbracht hat, eine Polit-Karrieristin, die sich vom Kofferträger eines MdB zur Ministerin hochgearbeitet hat, wobei natürlich die Frage ist, wieviel Arbeit so etwas tatsächlich ist, wenn man ein Jahrzehnt lang mit einem Gewerkschaftsfunktionär liiert ist und „als Frau“ auf dem Quotenfrauen-Ticket fährt.

Sie bezeichnet sich selbst als „Metallerin“, anscheinend weil sie Mitglied der IG Metall ist, hat aber sicher noch nie auch nur einen Cent Gehalt nach Metall-Tarifvertrage bekommen oder auch nur ansatzweise in einem „Arbeiter“-Beruf gearbeitet.

Ihr ganzer Habitus erinnert an einen aufgesetzt-hemdsärmligen Gewerkschafts-Agitator der 90er Jahre. Sie ist für mich ein aus der Zeit gefallener Oskar-Lafontaine-Klon.

Ihre Rede gestern hatte nichts von Aufbruch, es war eine 08/15-Rede mit den typischen folkloristischen Elementen einer Sozi-Rede. Nahles mühevolle Anfänge, ihre angebliche Verwurzelung im IG-Metall-Milieu, das feministische Gehabe, die angebliche „gläserne Decke“, die sie persönlich jetzt für alle Zeit durchbreche, die Appelle an die Einheit der Sozialdemokratie, das sozialdemokratische Pathos,… fast hätte man vergessen können, dass die SPD von den letzten 20 Jahren 16 mitregiert hat und Nahles alle Mißstände, die sie in ihrer Rede beklagte oder andeutete, mit zu verantworten hat.

Und natürlich dieses primitive Rumgebrülle, dass wohlmeinende Kommentatoren als „Leidenschaft“ auslegen, das aber natürlich nichts anders ist als Teil der immer gleichen, einstudierten Pseudo-Gewerkschafter-Nummer, außer der Nahles leider rhetorisch nichts drauf hat.

Wir werden sehen, was Andrea Nahles mit der SPD macht. Dass dies eine Erneuerung sein wird kann ich mir beim besten Willen mit dieser Figur an der Spitze nicht vorstellen.

Sibylle Berg bestätigt Jens Jessen

Sibylle Berg ist 52 Jahre alt. Sie gehört also zu den Frauen, die angeblich „unsichtbar“ gemacht werden, zu den Frauen, die in der intrasexuellen Konkurrenz zwischen Frauen nicht mehr uneingeschränkt satifaktionsfähig sind, denen langsam die Macht in ihrem Leben entgleitet, die darum immer frustrierter und verzweifelter gegen ihre nachlassende körperliche und intellektuelle Kraft ankämpfen.

So ungefähr würde ein Artikel über Sibylle Berg möglicherweise anfangen, wenn er von Sibylle Berg in der Absicht geschrieben würde, Sibylle Berg runterzumachen. ((Aber zum Glück sind wir hier ja auf einem Blog mit Niveau, wo Damen anständig behandelt werden und wo logisch argumentiert und nicht wirr spekuliert wird.))

Denn runtermachen, lächerlich machen, das ist die „Methode Berg“, jedenfalls in ihrem neuesten Artikel Endlich richtig wichtig, wo sie wirre küchenpsychologische Theorien entwickelt, warum jetzt auch (angebliche) Intellektuelle gegen Einwanderung und Aufnahme von Flüchtlingen sind.

Man könnte ja überlegen, dass Menschen vielleicht das erste Mal seit langer Zeit Bus fahren, und zu 90% von Ausländern umgeben sind, und sich erinnern, dass das in ihrer Jugend noch umgekehrt war. Vielleicht kommt Ihnen dann der Gedanke, dass Integration mit 90% Ausländern schwierig werden Manche erinnern sich vielleicht auch, dass es vielleicht nicht die beste Idee ist, nach der eher gut gelaufenen Integration der italienischen Gastarbeiter und der eher schleppend verlaufenden Integration der türkischen Gastarbeiter jetzt zu versuchen, massenhaft Menschen zu integrieren, deren Vorstellungen und Werte noch weiter von den Werten des Grundgesetzes entfernt sind als die Werte aller Menschen, die vorher jemals in größerer Zahl in Deutschland aufgenommen wurden.

Ja, vielleicht möchten Sie darum einfach die 2015er-Politik der Kanzlerin nicht fortgesetzt wissen. Sämtliche moralischen, ethischen Argumente, warum Deutschland eine moralische Supermacht sein sollte, und größte Anstrengungen unternehmen müsste, interessieren sie vielleicht einfach nicht wirklich. Sie wollen einfach, dass alles eher so bleibt, wie es einmal war.

Schließlich, und das ist ja das Geile an der Demokratie, darf jeder auch ohne Grund aus dem Bauch heraus politische Forderungen formulieren, und niemand braucht dafür die Zustimmung von irgendwem, auch nicht von selbsternannten GroßintellekuellInnen mit eigener Glosse im Spiegel.

Frau Berg sieht das aber anders. Politisch überhaupt etwas sagen darf man in der Gedankenwelt von Frau Berg nur mit genug moralischem Kapital auf der Gewissensbank.
Wenn man für die Tafel gearbeitet, sich für Juden eingesetzt, Homosexuelle geschützt oder sich feministisch engagiert hat, nur wenn man sozusagen in einer „guten“ Organisation gedient hat, nur dann ist man anscheinend ein vollwertiger, stimmberechtigter Bürger, was eine interessante Parallele zu antiken Demokratie-Vorstellungen in Griechenland darstellt.

Wer aber so ein moralische Kapital nicht hat und dann auch noch anderer Meinung ist als Frau Berg, der stellt die Zusammenhänge böswillig manipulativ da. Oder aber, er (in selten Fällen aus sie, aber Frauen sind ja bessere Menschen!) sieht nach der Midlife-Crisis seine Felle davonschwimmen und glaubt, er habe im Leben nicht genug erreicht.

Wer sich also als „älterer Mensch“ jetzt für weniger Zuwanderung einsetzt, der will wahrscheinlich nur noch seine 15 Minuten Ruhm zu bekommen, oder in vorauseilendem Gehorsam der künftigen Regierung tief in den Hintern zu kriechen. Was auch immer der Grund für das „falsche“ Verhalten ist: Er ist richtig übel, verkommen, charakterlos und dumm.

Gegnern ihrer Position dichtet Frau Berg mindestens mangelnde Intelligenz, eine Charakterschwäche oder Persönlichkeitsstörung an. Sie hat keine Argumente, ihr ganzer Artikel ist eine unspezifische ad-hominen-Attacke gegen irgendwelche „schlechten“ Menschen, vor allem natürlich Männer.

Dieses Vorgehen, nämlich Gegner zu Unpersonen zu erklären, zu frustrierten, gestörten, kriecherischen Wesen, das ist genau das übliche Vorgehen in einem totalitären System. Wer ausschert, der muss sich mit einem Schild um den Hals demütigen lassen, wir als „verrückt“ weggesperrt oder auch „nur“ gesellschaftlich geächtet.

Frau Berg tut genau das, was Jessen schreibt: Unspezifische Massen zusammentreiben und Einsperren in einem Lager der moralisch Minderwertigen.
Danke Frau Berg für die Bestätigung von Jessens These.

Die Allmacht des Patriarchats als Zirkelschluss

Die #Metoo-Debatte und die Artikel von Jessen und anderen haben wieder einmal gezeigt, dass der institutionalisierte Feminismus, wie ich den Komplex aus feministischen Journalistinnen, Funktionärinnen mehr oder weniger unabhängiger NGOs und Politikerinnen gerne nennen würde, eine in sich geschlossene Weltsicht hat, die es unmöglich macht, dass eine darin verfangene Feministin sieht, dass auch Männer sich sexistisch angegangen fühlen können.

Im Prinzip ist es ganz einfach:

1. Weil weiße Männer privilegiert und mächtig sind, ist es unmöglich, dass sie von Sexismus oder Rassismus (wirklich) be- oder getroffen sind.

Und:

2. Weiße Männer sind privilegiert und mächtig, weil sie von Sexismus und Rassismus nicht betroffen sind.

Das ist ein Zirkelschluss. Es ist nach dieser (defekten) Logik nicht möglich, sich Männer als nicht-privilegierte Menschen vorzustellen, die sich tatsächlich emotional beeinträchtig fühlen, „nur“ weil radikale Feministinnen sie mit Hass vollkübeln, also (ironisch!) fabulieren, sie abzuschaffen, zu verdrängen, oder auch alle zu töten, weil sie Männer und weiß sind.

Abgesehen davon, dass ein Zirkelschluss immer ein logischer Fehler ist, hängen beide Aussagen für sich ebenfalls von Annahmen ab, die meiner Meinung nach nicht zutreffen, so dass man den Zirkelschluss gar nicht erst „starten“ kann.

Erstens sind weiße Männer Opfer von Sexismus und Rassismus, denn sie werden von radikalen Feministinnen ständig für alles Übel auf der Welt verantwortlich gemacht und Ihnen wird individuell das Recht abgesprochen, ihre Sichtweise argumentativ zu vertreten, weil Männer seit tausenden von Jahren zuviel redeten und endlich die Klappe halten sollten.
Zweitens sind nicht alle weißen Männer privilegiert und mächtig. Viele sind auch alt, krank, arm, weniger intelligent, schlecht gebildet, prekär beschäftigt, Opfer von Gewalt; von anderen Männern, aber auch von Frauen, wie sogar Studien des BMFSFJ ((Für die es seit 13 Jahren keine Nachfolgestudien gegeben hat – weil „das falsche“ rausgekommen ist?)) bestätigen.
Die angebliche Über- bzw. All-macht der Männer als Gruppe ist daher nicht real. „Das Patriarchat“ ist eine Konstruktion des Feminismus, um Männer in einer anonymen Gruppe zusammenzufassen zu können, mit dem (natürlich nie ausgesprochenen!) Ziel der Entmenschlichung.
Bei „Männern“ soll die gute Feministin[tm] nicht an den abgehetzten Paketboten oder den freundlichen Mann mit dem Laubbläser denken, sondern an irgendeine anonyme Masse, die typischerweise von alten, hässlichen Männern in schlecht sitzenden Anzügen vertreten wird, die den Tag damit verbringen, die Welt ins Unglück zu stürzen und hilflose junge Frauen mit unsäglichen Schickanen zu tyrannisieren und die Nacht damit, zu vergewaltigen.

Es gibt aber keinen geheimen Club der Männer, keine weltweite Verschwörung gegen die Frauen. Jeder Mann ist ein Individuum. Aber jeder Mann fühlt sich als Mann auch der Gruppe der Männer zugehörig und darf sich bei Angriffen auf diese Gruppe beleidigt fühlen, so wie es Frauen angeblich auch negativ beeindruckt und sogar deren Leistung schmälert, wenn man behauptet, Frauen könnten nicht einparken oder seien schlecht in Mathematik.
Das „Patriachat“ ist nichts anderes als eine Variante des Trugschluss der Komposition bzw. des „Gipfelirrtums“, also des Fehlschlusses der entsteht, wenn man nur die Spitze einer Gruppe betrachtet. Der radikale Feminismus z.B. betrachtet immer nur die erfolgreichsten Männer, Wirtschaftsbosse und Wissenschaftler, und folgert aus dem großen Männeranteil in Management und Top-Forschung auf eine Benachteiligung von Frauen. Dass aber Männer auch die große Masse der Obdachlosen und Strafgefangenen stellen, während Frauen insgesamt eher in der Mitte der „Erfolgsverteilung“ rangieren, dass also im Mittel Frauen doch genau so erfolgreich sind wie Männer, ignoriert der Feminismus beharrlich.

Weil Männer nicht wirklich als Gruppe privilegiert sind und es kein Patriarchat gibt, ist nicht jede Unverschämtheit und Gemeinheit des kontemporären Feminismus gegenüber Männern nur „Selbstverteidigung“, denn es tropft nicht alles von jedem Mann wirkungslos ab, weil nicht jeder Mann tatsächlich privilegiert ist.

Und schließlich und endlich hat auch der privilegierteste Mann ebenso ein Recht auf eine respektvolle Behandlung und darauf, dass man ihn anhört, wie die unterprivilegierteste Frau.

Männer sollten daher aktiv(er) gegen den Feminismus vorgehen, der männerfeindlich agitiert.
Jeder Mann ist (mittelbar) betroffen, wenn Feministinnen gegen alte weiße Männer hetzen. Denn wer nicht alt ist, der wird es sicher. Wer nicht weiß ist, der hat vielleicht weiße Freunde. Oder weiß, dass der Feminismus irgendwann die Kampfzone auf alle Männer ausweiten wird.
Es ist zudem nicht notwendig, zu einer angegriffenen Gruppe zu gehören, um diese zu verteidigen, auch wenn das Moderatoren von Radio Eins anscheinend glauben. Nein, es ist moralisch geboten, jede angegriffene Gruppe erstmal in Schutz zu nehmen, wenn der Angeriff ungerechtfertigt erscheint, sogar, wenn man diese Gruppe nicht mag. Das gilt auch für mögliche Feindbilder wie Russland, Syrien, die USA, Israel, die Türkei, Nazis, die Antifa und Feministinnen.

Der radikale Feminismus ist nur deshalb so erfolgreich, weil dieser kleinen und lauten radikalen Gruppe nicht genug Menschen entgegentreten. Das gilt es zu ändern.

Der „Alte Weiße Mann“ (AWM) als Marke™

Dank Jens Jessens Artikel „Der bedrohte Mann“ hat die Geschlechter-Debatte mal wieder etwas Fahrt aufgenommen.

Alter weißer Mann
(Alter weißer Mann)


Da der organisierte deutsche Neoliberale Genderfeminismus gar nicht glauben kann, dass ein Mann es mittlerweile für nötig hält, den ständigen Anfeindungen von sogenannten Feministinnen entgegenzutreten, hat man in diesem Lager jetzt sogar Angst, dass das ja als übermächtig imaginierte Patriachat hier jetzt doch bald zurückschlagen könne.

Das finde ich einigermaßen amüsant, denn es zeigt, dass weite Teile der (Netz-)(Gender-)Feministinnen in Deutschland tatsächlich der Verschwörungsideologie anhängen, es gebe ein phantomhaftes Gebilde namens „Patriarchat“, mittels dessen „die Männer“ sich irgendwie an der Macht hielten.

Das ist aber alles Blödsinn. Ich habe gestern mal versucht, meine „Privilegien zu reflektieren“, und bin zum Schluss gekommen, dass ich persönlich gar nichts gegen den Vorteil machen kann, den ich genieße, nämlich ein alter, weißer Mann zu sein.

Ich profitiere einfach davon, dass „alter weißer Mann“ eine großartige, etablierte Marke ist.
Denn gängige Vorurteile (im Zeitalter von Big-Data auch gerne: statistisch relevante empirische Erkenntnisse) besagen, dass alte weiße Männer zahlreiche positive Eigenschaften haben. Sie sind meist zuverlässig, ehrlich, leistungsbereit, friedlich, einfallsreich, solvent, riskio-avers und besitzen diese Eigenschaften im Vergleich mit anderen Gruppen in besonderem Maße. Junge Männer sind z.B. allgemein weniger friedlich, solvent, zuverlässig, und eher risiko-affin. Frauen sind im allgemeinen etwas weniger leistungsbereit, siehe z.B. die vielen in Teilzeit arbeitenden Frauen.

Das klingt vielleicht blöd, ist aber so. Und weil das so ist, profitiert meine AWM-Gruppe, natürlich inklusive leistungsbereiten und immer hervorragend gekleideten homosexuellen Angehörigen, von diesem Image. Wir, die AWM, sind ein Markenprodukt.
„Noone ever was fired for hiring an old white man“, könnte man sagen.

Und solange nicht alte weiße Männer anfangen so viel Mist zu bauen wie junge Männer, so gewalttätig zu sein wie Menschen mit anderer Sozialisation, Häuser zu verwohnen wie unterdrückte südosteuropäische Minderheiten mit Expertise in kreativer Nutzung des deutschen Sozialsystems ((Tut mir ja auch leid, dass das bei AWM weniger häufig vorkommt…)), oder erstaunlich dumme und naive Dinge von uns zu geben wie prekär beschäftigte feministische Kolumnistinnen, solange wird man uns AWM lieber als Mieter, Nachbarn, Kollegen und Berater haben als andere Gruppen. Weil es mit uns einfach meistens doch ganz gut läuft. Weil wir auch im Ramadan mit voller Leistung arbeiten. Statistisch wahrscheinlich jedenfalls.

Ich kann als einzelner diesen guten Ruf bzw. diese positiven Vorurteile bzw. die „Marke Alter Weißer Mann“ gar nicht beschädigen.
Ich könnte vielleicht bei einer Bewerbung für eine Wohnung dazuschreiben „Bitte bevorzugen Sie mich nicht wegen meines biodeutschen Kartoffel-Namens und weil ich ein alter, weißer Mann bin, bei der Vergabe der Wohnung. Geben Sie bitte auch Flüchtlingen mit zig Kindern und Migranten mit interessantem Faible für extrem fett-reiches Kochen in ihrer kleinen Einbauküche eine Chance.“
Aber was würde das nützen? Im Zweifel oute ich mich damit nur als linksprogressive Weichei-Kartoffel, die sicher immer den Müll richtig trennen und die Miete pünktlich von ihrem Konto bei der GLS-Bank überweisen wird, und erhöhe damit meine Chancen auf die Wohnung. Oder ich versaue es mir damit, und bekomme dann von meiner anspruchsvollen Veganer-Freundin Ärger, weil ich doch bitte mal meine blöde Weicheier-Gutmenschen-Masche sein lassen soll, wenn es darum geht, dass sie die Instagramm-geeignete Loft-Wohnung mit begehbarem Kleiderschrank bekommt!

Nochmal: Nichts, was ich als Einzelner tun würde, könnte verhindern, dass ich weiter vom guten Image der Marke „AWM“ profitiere.
Alle schlimmen Dinge, die „AWM“ in der Geschichte getan haben, werden im Denken der meisten Menschen auf der Welt kompensiert durch die anderen positiven Dinge, die die AWM auch gebracht haben. ((Vielleicht ist es auch so, dass außer möglicherweise Feministinnen niemand glaubt, dass Nicht-AWM in den gleichen historischen Situationen irgendwie anders oder nobler gehandelt hätten als AWM.))

Die einzige Möglichkeit, den überlegen positiven Ruf der Marke AWM zu erschüttern ist, dass andere Gruppen einfach noch besser sind.
Alte asiatische Männer zum Beispiel sind möglicherweise noch leistungsbereiter, fleißiger, intelligenter, und zuverlässiger als AWM. Und alle anderen Gruppen haben auch jederzeit die Chance, uns AWM im Ruf zu übertreffen. Sie müssen nur dauerhaft besser sein als „wir“.

Solange aber (queere/lesbische/feministische/schwarze/dicke) Feministinnen nur mit Leistung im „heiße Luft produzieren“ auffallen, wird Ihnen das nicht gelingen. Wir AWM werden dann weiter ihren digitalen Neid und Hass vor die digitale Haustür gekübelt bekommen, vorausgesetzt, ihre Medien haben in Zukunft noch die notwendige Reichweite, wenn wir vielleicht Medien mit AWM-feindlicher Ausrichtung nicht mehr kaufen oder subventionieren.
Aber das ist uns dann auch egal. Wir machen unser Ding, arbeiten, pflegen unsere Marke und profitieren davon.

Der Siegeszug des neoliberalen Feminismus‘

Ist der heutige Feminismus eigentlich noch links? Ist er ein Feminismus, der wirklich Freiheit für Frauen will?

Ich lese eigentlich nur von so Sachen wie geplanten Gesetzen, dass 30% der Frauen in Aufsichtsräten Frauen sein sollen; also von einem Elitenprojekt für die oberen 10.000 der Gesellschaft, da solche Posten für die meisten Frauen unerreichbar sind.
Und ich lese vom angeblichen „Gender Pay Gap“, der endlich auf 0 zusammenschrumpfen soll ((obwohl man bei den 6% bereinigtem Gender Pay Gap gar nicht weiß, ob diese 6% nicht doch erklärbar sind, und somit die „Gerechtigkeitslücke“ zwischen Männer- und Frauengehältern bereits 0% beträgt)). Und zwar, indem mehr Frauen abhängige Erwerbsarbeit leisten und dabei mehr verdienen sollen.

Der intersektionale Feminismus in den USA beschäftigt sich intensiv mit allen möglichen Ungerechtigkeiten, die z.B. durch Migrationshintergrund oder Bildung verursacht werden.

Der deutsche Genderfeminismus hingegen kämpft gar nicht mehr für „die Frauen“, sondern, das ist meine These, nur noch für sich selbst.

Das Dogma des Gender-Feminismus ist ja — auch wenn das längst widerlegt ist — dass alle Unterschiede zwischen den Geschlechtern anerzogen seien und Frauen nur deshalb nicht ebenso häufig Konzernchefs oder Abteilungsleiter seien, weil dies durch eine „patriachale“ Erziehung verhindert werde. ((Der tatsächliche Grund, dass nämlich für mehr Frauen als Männer so eine Karriere gar nicht erstrebenswert ist, wird kategorisch abgelehnt))
Aus diesem Dogma folgt, dass Frauen und Männer (eigentlich) gleiche Interessen und Wünsche haben müss(t)en, und darum Frauen und Männer auch in allen gesellschaftlichen Positionen gleich häufig vertreten sein müss(t)en.
Und darum geht es dem aktuellen deutschen Gender-Feminismus nur noch darum, Frauen für seine eigene Mission einzuspannen die „Gleichheit von Männern und Frauen“ zu beweisen, indem man Frauen dazu bringt, 50% der Erwerbsarbeit zu leisten und 50% der Gehälter zu verdienen. Obwohl alles darauf hindeutet, dass wirkliche Wahlfreiheit und Chancengleichtheit von Frauen nicht dazu führt, dass diese die gleichen Jobs wie Männer ergreifen (wollen), sondern eher zum Gegenteil.

Aber Überlegungen, ob nicht andere Dinge im Leben (nicht nur von Frauen!) wichtiger sein könnten als abhängige Erwerbsarbeit, wie Zufriedenheit, soziale Kontakte, eine gesellschaftlich relevante Tätigkeit — solche Überlegungen stellt der deutsche Genderfeminismus gar nicht mehr an.

Statt dessen geht es ihm nur noch um die Beseitigung des Gender-Pay-Gaps, was dazu führt, dass der Genderfeminismus das Gehalt als einzig relevante Maßzahl für Leistungsfähigkeit von Individuen innerhalb des kapitalistisch organisierten Wirtschaftssystems akzeptiert. Er will tatsächlich anhand des einzigen Kriteriums „Gehalt“ messen, ob Frauen jetzt wirklich „gleichberechtigt“ seien. Wenn Frauen nur genug verdienen, so ist anscheinend die Vorstellung, sei die Gleichberechtigung da.

Ist es wirklich Feminismus, Frauen dazu zu drängen, sich noch besser als Männer dem kapitalistischen System anzupassen, noch effizientere Arbeitsdrohnen zu werden als Männer, um irgendwann genau so viel wie oder mehr Lohn zu kassieren als die Männer?
Ist das wirklich im Interesse der einzelnen Frau, oder sollen „die Frauen“ hier doch eher nur als Verfügungsmasse die Vorstellungen feministischer Aktivistinnen, Journalistinnen und Politikerinnen umsetzen, wie „gleichberechtigte Frauen“ idealerweise zu performen hätten?

Ich denke, was wir in Deutschland beobachten können ist kein wirklicher Feminismus mehr ((bei dem jede einzelne Frau mit ihren Interessen und ihrem Recht zu individueller Selbstverwirklichung im Mittelpunkt stehen sollte)) sondern eine von hauptberuflichen „Feministinnen“ in Parteien, Gewerkschaften und Medien getragene Ideologie, die durch ihre Fixierung auf die Maximierung des in Geld gemessenen Erfolges von Frauen im kapitalistischen Wirtschaftssystem von einer alternativen linken Bewegung zu einer Stütze der neoliberalen Leistungsgesellschaft geworden ist. Eine Stütze, die sogar hilft, diesem System weiteres Menschenmaterial zuzuführen, das mit der feministischen Suggestion von einem Frauen-unterdrückenden Patriarchat, gegen das es sozusagen „anzuarbeiten“ gelte, zu Höchstleistungen motiviert wird oder zumindest werden soll.

Es geht nicht mehr um Chancengleichheit für Frauen, es geht darum, (andere) Frauen dazu zu drängen, „männliche“ Jobs auszuüben und Männer in der freien Wirtschaft zu überflügeln, damit die Thesen der organisierten Berufsfeministinnen — die selbst zumeist von öffentlich finanzierten Einrichtungen bezahlt werden und irgendwas mit Medien oder Gender studiert haben — von ihren Hilfstruppen bewiesen werden mögen.

Sicher, angeblich geht es bei den Bemühungen, mehr Frauen in „Männer-Jobs“ zu drängen, um „wirtschaftliche Unabhängigkeit“, und zwar durch ein eigenes Gehalt. Denn wer das nicht hat, der ist abhängig von anderen (am Ende gar Männern!) oder von Hartz IV und wird irgendwann in Altersarmut elendiglich in einem Pflegeheim mit zu wenig Personal verrecken…

Aber das sind alles neoliberale Argumente: Jeder muss für sich selbst sorgen, wer nicht genug leistet, bleibt auf der Strecke, Würde und Unabhängigkeit hängen von der individuellen Performance im kapitalistischen System ab.

Das ist sicher nicht mehr links. Hier geht es sicher nicht mehr um wirkliche Freiheit und Selbstverwirklichung für irgendwen, weder Frauen noch Männer.
Der neoliberale Gender-Feminismus ist eine Sackgasse. Er hat keine linke Vision mehr für eine bessere Welt, keine Motivation mehr alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. (Karl Marx).
Statt dessen hat er sich mit dem neoliberalen Wirtschaftssystem arrangiert und verfolgt jetzt nur noch das Ziel, dass Frauen innerhalb dieses Systems ebenso erfolgreich agieren mögen wie Männer, wobei „Erfolg“ allein am Gehalt gemessen werden soll.

Entsprechend sollten sich Frauen vom Genderfeminismus nicht instrumentalisieren lassen, in dessen Namen einen Marsch durch die neoliberalen Tretmühlen der kapitalistischen Wirtschaft anzutreten. Sie sollten (weiterhin) selbst entscheiden, was sie tun wollen, und ob sie nicht möglicherweise unter einem erfolgreichen Leben etwas anderes verstehen als eine Karriere als gut bezahltes Arbeitsbienchen in einem Konzern, gekrönt durch einen Aufsichtsratposten.

Vor allem aber sollten sie auch um Parteien und deren KandidatInnen einen weiten Bogen machen, die sich die genderfeministishe Quoten-Agenda auf die Fahnen geschrieben haben. Denn dieser Feminismus klingt nur noch vordergründig nach „Frauenrechten“ oder „Gleichberechtigung“. In Wirklichkeit aber geht es nicht um Rechte oder Chancen oder ein besseres Leben für Frauen, sondern darum, dass Frauen im neoliberalen Wirtschaftssystem wie Männer funktionieren sollen.