#BGE30: Das bedingungslose Bildungs-Grundeinkommen bis 30

Das bedingungslose Grundeinkommen hat meiner Meinung nach eine entscheidende Schwäche: Es setzt darauf, dass Menschen von Natur aus fleißig sind und etwas aus sich machen wollen. Aber kann man da sicher sein? Denn was heißt schon „etwas aus sich machen“?

Heute haben wir zum Beispiel eine eher geringe Zahl von Menschen, die von ihrer Meinung so überzeugt sind, dass sie sich als Politiker oder Aktivisten engagieren und auf eine bürgerliche Karriere weitgehend verzichten.

Mit BGE würde sich möglicherweise die Zahl der Menschen, die ihr Leben politischem Engagement widmen, drastisch erhöhen. Für mich wäre das zum Beispiel verlockend: Bloggen und Twittern für die „gute Sache“[tm], politische „Selbstwirksamkeit“ erfahren, zumindest in der eigenen Filterblase, und auch noch Geld kriegen?
In Zeiten politischer Unzufriedenheit würden sich durch ein BGE ggf. sehr viele Menschen bemüßigt fühlen, ebenfalls „Aktivisten“ zu werden — warum sollte man auch selbst arbeiten und anderen, von den gezahlten Steuern lebenden Menschen die Straße und ggf. die politische Macht überlassen?

Im Worst Case hätten wir dank BGE in Kürze quasi staatsfinanzierte Straßenschlachten mit hunderttausenden ansonsten arbeitslosen Teilnehmern, deren Krankenkasse und Anreise mit dem ÖPNV ggf. auch auf Staatskosten ginge. Weimar lässt grüßen.

Auch die gesellschaftlich Abgehängten, die Kleinkriminellen und Chancenlosen aller Arten, deren „Geschäftsmodelle“ teilweise im Bereich (Sozial-)(Versicherungs-)Betrug liegen, würden vom BGE sicher nicht unbedingt motiviert, das Abitur nachzuholen und Luft- und Raumfahrttechnik zu studieren, sondern würden das Geld für Konsum auf den Kopf hauen.

Sprich: Das BGE könnte zahlreiche negative Folgen haben, die man heute noch nicht absehen kann. Das gut gemeinte gesellschaftliche Experiment könnte zum Alptraum werden. Die freiheitliche humanistische Vision könnte sich in ihrer Umsetzung als BGE als technokratisches, gesellschaftliche Zusammenhänge zerstörendes, unberechenbares Monster herausstellen.

Aber natürlich würde ein BGE auch gute Dinge bewirken können. Zum Beispiel allen Menschen ermöglichen, unabhängig von der Herkunft Bildungschancen zu ergreifen. Wenn Kinder ein eigenes BGE bekämen, könnte sich wieder jeder Kinder leisten. Nicht nur Reiche und ein Teil der eher weniger rational über Kinder nachdenkenden Unterschicht würden zahlreich Kinder bekommen, sondern vielleicht auch wieder die Mittelschicht, für die Kinder mittlerweile ein Wohlstandsrisiko sind, trotz der scheinbar zahlreichen Förderungen. Mehr Kinder würden die demographische Entwicklung stabilisieren und die Notwendigkeit stetiger Einwanderung in großem Maßstab beseitigen oder reduzieren.
Ich meine: Ein BGE sollte eine sichere Anschubfinanzierung für den Start ins Leben sein, aber keine immerwährende soziale Hängematte.

Darum plädiere ich für ein BGE bis zum Alter von 30.

30 Jahre sind genug Zeit, zu sich selbst zu finden und etwas aus sich zu machen. Zeit genug, um erwachsen zu werden und ggf. ein paar Dinge auszuprobieren, jedenfalls mehr, als man sich heute im Zeitalter von Frühganztagseinheits-G8 und Bachelor allgemein noch leisten kann.

So vorbereitet, sollte man es schaffen, ab 30 seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Die Grenze von 30 Jahren könnte eine Motivation sein, das BGE zu nutzen, sein Potenzial zu entwickeln und zu entfalten, und eine Mahnung an alle, die sich auch vorstellen könnten, der Gesellschaft von der Wiege bis zur Bahre auf der Tasche zu liegen.
Je länger ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir die Idee. Das #BGE30 ist ein schöner Kompromiss, der viel ermöglicht, aber niemanden auf die Idee bringt, auf Kosten der Gesellschaft einen niemals endenden Ego-Trip fahren zu können. Entfaltung des eigenen Potenzials und Leistung müssen sich auch weiterhin lohnen. Bei einem nie endenden BGE ist die Gefahr von Missbrauch einfach zu groß. Und es kann nicht nur Missbrauch geben: Gerade bei Intelligenten ist Prokrastination weit verbreitet; viele brauchen etwas Druck und einen metaphorischen kleinen Tritt in den Hintern, um sich aufzuraffen, Dinge zu beenden. Ein endloses BGE könnte hier katastrophale Folgen haben; das #BGE30 hingegen würde den Spruch vom Ernst des Lebens mit einem Schuss harter Realität erfüllen, der möglicherweise notwendig ist, um junge Menschen davon abzuhalten, viel zu lange oder völlig blödsinnige Fächer zu studieren mit dem Wissen, im Notfall immer noch BGE kassieren zu können.