Das Video von Rezo habe ich nur ca. zu einem Drittel gesehen, also nur den Teil, wo es um Klimawandel und Armut geht.
Zunächst mal ist dieser Teil natürlich vollkommen einseitig. Sicher, es gibt sehr viele Studien, die den Klimawandel belegen wollen, und auch die Verteilung von Reichtum und Armut in Deutschland ist belegt, aber dennoch wäre es klug gewesen, Gegenargumente zu recherchieren, zu benennen und ggf. zu widerlegen.
Wie wäre es zum Beispiel damit gewesen, darauf hinzuweisen, dass zwar die Reichen in Deutschland in den letzten Jahren *relativ* immer reicher geworden sind, dass aber heute „Armut“ in Deutschland ein Zustand ist, der sich von „Armut“ vor 60 Jahren ganz erheblich unterscheidet? Das wäre souveräner gewesen als scheinbar nur Wahlkampfparolen der Linken zu reproduzieren.
Wirklich nur Argumente für die eigene Meinung zu benennen riecht auch stark nach „Confirmation Bias“ und wirkt daher nicht sehr überzeugend. Überzeugend hätte gewirkt, die stärksten Gegenargumente zu recherchieren, zu benennen und zu widerlegen.
Wichtig wäre auch gewesen anzuerkennen, dass in der Wissenschaft eben nicht immer das richtig sein muss, was die meisten für richtig halten. Die Geschichte der Wissenschaft ist voller Beispiele dafür, dass manchmal auch der eine Freak recht haben kann, der allein anderer Meinung ist (Galileo Galilei, Einstein, solche Leute). Davon, dass die „Mehrheit“ irgendetwas meint, ableiten zu wollen, dass es richtig sei, zeigt mangelndes Verständnis für Wissenschaftlichkeit.
Im neunzehnten und beginnenden zwanzigsten Jahrhundert meinten die Eliten, aus „wissenschaftlichen Erkentnissen“ der Eugenik politische Maßnahmen ableiten zu können und zu müssen. In den sozialistischen Staaten meinten die Eliten, Sozial- und Wirtschaftspolitik auf „wissenschaftlichen Prinzipien“ aufbauen zu können. Mit den bekannten Folgen. Es sollte also zumindest kritisch hinterfragt werden, was Wissenschaft an Erkenntnis gewonnen zu haben *glaubt*, bevor man darauf langfristige und sehr einschneidende politische Maßnahmen aufbaut.
Und wenn man mit Studien um sich wirft, die sämtlich die eigene Meinung stützen, sollte man nicht nur die mögliche eigene Voreingenommenheit im Hinterkopf haben, sondern zusätzlich auch an den möglichen „Publikationsbias“ bedenken, der dazu führt, dass vor allem Studien mit „interessanten“ Ergebnisse veröffentlicht werden, Studien mit erwarteten oder „langweiligen“ Ergebnissen hingegen weniger häufig.
„Wir werden alle sterben“ ist z.B. ein interessanter Studientitel, mit dem man auf das Titelballt der „Nature“ kommen kann, „Wahrscheinlich passiert nichts oder nicht sehr viel“ hingegen ist der Titel einer Studie, die eher gar nicht veröffentlicht werden wird.
Aber Rezo weiß entweder nichts von diesen Dingen, oder er spricht sie nicht an, und wirkt dadurch leider nicht besonders überzeugend, sondern wie ein aufgeregter Jugendlicher mit terminaler Weltuntergangspanik. Nicht zuletzt, weil auch „Zerstörung der CDU“ als Titel sich nicht unbedingt so anhört, als sei Rezo ein überzeugter Demokrat mit Faible für Pluralismus etc..
Wenn er das wäre, würde er wahrscheinlich auch nicht die These vertreten, die Politik müsse auf die Mehrheitsmeinung der Wissenschaftler hören.
Gute Politik ist es eben nicht, wissenschaftlichen Mehrheitsmeinungen hinterherzurennen, sondern einen Interessenausgleich aller gesellschaftlichen Gruppen hinzubekommen. Demokratie ist gerade keine „Expertokratie“, wo (vermeintliche) Experten bestimmten, sondern ein Mechanismus, der auch dem letzten Deppen eine Stimme zugesteht, damit nicht nur eine Elite, sondern alle Bürger an Entscheidungen teilhaben. Nicht weil tatsächlich alle Bürger Ahnung hätten, sondern weil man alle einbinden muss, um den gesellschaftlichen Frieden dauerhaft zu bewahren.
Bisher hat die Demokratie immer recht gut funktioniert, zumindest besser als alle autoritären Regime, die „alles besser machen“ wollten. Auch bei der Bedrohung durch den möglichen Klimawandel wird das wieder so sein.
Ich habe ein wenig Angst, dass die Klima-bewegten Jugendlichen irgendwann nach einem starken Führer rufen werden, der eine radikale Klima-Politik mit aller Macht durchsetzt, wenn ich so höre, dass durch den „irreversiblen Klimawandel“ nichts weniger als eine Art Weltuntergang drohen soll, so dass der Zweck der Klima-Rettung scheinbar jedes Mittel heiligen würde.
Aber am Ende wird es darauf ankommen, kluge Wege aus der CO²-intensiven Wirtschaft zu finden, die dann auch Indien und China umsetzen können und wollen.