Die ausbleibende Kritik an Merkel als Effekt von „Female Hypoagency“?

Angela Merkel spricht in ihren öffentlichen Erklärungen oft von „uns“. Damit meint sie dann oftmals „ihre“ Bevölkerung, die doch bitteschön die Folgen ihres (Merkels) ziemlich vermurksten Versuches tragen soll, die EU zur Solidarität in der Flüchtlingskrise zu zwingen.

Aber Merkel ist zwar *unsere* Kanzlerin, aber *wir* sind nicht Merkels Volk.
Denn: Die Regierung dient dem Volk, nicht das Volk der Regierung! Das hat Merkel anscheinend vor längerer Zeit vergessen.

Darum empfinde ich es auch als schlechten Scherz bzw. als Ausdruck merkel’schen Narzissmus, wenn Frau Merkel davon spricht, dass „Deutschland vor einer Herausforderung“ stehe, oder „wir“ „es“ schaffen können.

Denn:
Es wäre Angela Merkels Job gewesen, durch kluge Außenpolitik eine Eskalation in Syrien zu verhindern.
Es wäre Angela Merkels Job gewesen, durch kluge EU-Politik eine tragbare Asylregelung zu treffen, bevor eine Krise kommt, oder zumindest die bestehenden Regelungen (Dublin II/III) durchzusetzen, um so aus einer Position der Stärke heraus eine andere Asylregelung durchsetzen zu können, anstatt sich durch Grenzöffnung in eine Position der Schwäche zu begeben, in der wir uns jetzt befinden.
Es wäre Angela Merkels Job gewesen, durch ein vernünftiges Grenzregime an der EU-Außengrenze oder auch in Deutschland das Einsickern von Wirtschaftsflüchtlingen und Terroristen zu verhindern.
Es wäre Angela Merkels Job gewesen, durch eine intelligten Integrations- und Flüchtlingspolitik diejenigen Flüchtlinge, die für die Integration in Deutschland geeignet sind, für die Integration auszuwählen, und diejenigen Flüchtlinge, die nicht geeignet sind, ggf. gleich in der Nähe der EU-Außengrenzen zu behalten, um nach dem Ende des Konfliktes in Syrien eine einfache Rückführung zu ermöglichen.

Aber Angela Merkel hat in den letzten 11 Jahren nichts davon hinbekommen. Ihre Politik hat Euro-, Griechenland- und Flüchtlingskrise nicht verhindert und nicht gelöst.

Ihre „Besonnenheit“ ist vielleicht nur Entscheidungsunfähgikeit, ihre „Ruhe“ vielleicht nur Verschleppung, die ihr zugeschriebenen positiven Eigenschaften vielleicht nur Wunschvorstellungen der Medien, die in Merkel die überlegte, kluge Frau sehen wollen und nicht die überforderte, richtungslose Taktiererin der Macht.

Als Frau und erste deutsche Kanzlerin, so scheint es mir, *darf* Merkel einfach keine Versagerin sein, nicht zuletzt wegen der feministischen Doktrin, Männer seien Nieten in Nadelstreifen etc. und mit mehr Frauen müsse automatisch alles besser sein.
Da passt es einfach nicht, dass von der Leyens Bundeswehr niemand zutraut, irgendwen gegen äußere Feinde zu verteidigen, dass Schwesig vom „Ministerium für alle außer Männer“ aus irre linksradikale Aktivistinnen pampert, um „Hatespeech“ im Internet zu bekämpfen, statt wirkliche Gewalt im wirklichen Leben, und dass Angela Merkels „Anti-Basta-Politik“ in Zeiten von Erdogan und Putin vor allem als schwach erscheint, und nicht mehr so positiv, wie man bisher allgemein versucht hat, sie zu interpretieren.

Ich finde, eine Debatte, ob der handzahme Umgang der Medien mit dieser Regierung Merkel nicht möglicherweise Effekt der sogenannten „Female Hypoagency“ ist, ist längst überfällig.

Man stelle sich vor, Gerhard Schröder oder Helmut Kohl seien noch im Amt. Hätte sich da eine Phalanx aller Medien gebildet, die jeden Angriff auf den Regierungschef als „Hass“ von „Wutbürgern“ abqualifiziert? Schröders „Politik der ruhigen Hand“ wurde von der Union als Untätigkeit angegriffen — und dabei ging es „nur“ um Wirtschaftspolitik. Aber heute ist Merkels häufig abwartendes Nichts-Tun anscheinend auch für die meisten Medien „alternativlos“.

Es fällt mir zunehmend schwer, das nicht auch mit sexistisch-stereotypen Vorstellungen von einem „überlegenen Weiblichen Führungsverhalten“ in Verbindung zu bringen. Ich glaube, eigentlich alle Medien projezieren sexistisch motivierte positive Vorstellungen von einem „besseren weiblichen Führungsverhalten“ auf Merkel, und verhindern so die eigentlich längst fällige mediale Abrechnung mit ihren vielen Versäumnissen.

Ich weiß, dass das eine ungewöhnliche These ist, aber wie sonst lässt es sich erklären, dass man ernsthafte bzw. massive Kritik an Merkel nur in ausländischen Medien findet? Ist man nicht mit Kohl und Schröder ganz anders umgesprungen? Es gibt eigentlich keinen vernünftigen Grund, warum Angela Merkel so geschont wird, bzw. es kann nur zwei Gründe geben: Entweder, sie hat einen Art „Sweet Spot“ getroffen, an dem ihre politische Position so weitgehend mit der Mehrheitsmeinung der Journalisten dieses Landes übereinstimmt, dass sie deswegen von Kritik weitgehend verschont bleibt. Oder aber, diese Abwesenheit von Anwürfen ist Folge von positivem Sexismus.