Die „Piratenpartei“ ist tot! Es lebe die Piratenpartei Partei der Piraten!

Die „Piratenpartei“ ist – meiner Meinung nach schon seit einiger Zeit, aber spätestens jetzt – als „Marke“ verbrannt. Auch die #mk14 hat außer Lippenbekenntnissen zu einer Satzung, an die sich niemand hält, nichts gebracht.

So wie auch andere Parteien wie z.B. die FDP ihre Marke durch Beliebigkeit, Inkonsequenz und taktische Spielereien ruiniert haben, hat auch die „Marke Piratenpartei“ durch die vielen Unglaublichkeiten der letzten Wochen, Monate und ggf. Jahre irreparabel Schaden genommen. Der Fisch stinkt — wie so oft — auch hier vom Kopf her, aber die vielen engagierten Piraten an der Basis können nicht ändern, dass das Image einer Partei von ihrem Spitzenpersonal her rührt, und das Spitzenpersonal der Piraten ist leider in den letzten Wochen, Monaten und Jahren nur spitze im Produzieren von #Gates bzw. peinlichen Medien-Pannen.

Die emanzipatorischen, bürgerrechtlichen, sozialen, liberalen, freiheitlichen Ideen für die das Label „Piratenpartei“ einst (2009?) stand, haben es schon schwer genug in Deutschland. Das bedeutet: Wer diese Ideen politisch durchsetzen will, kann sich keine zusätzliche Hypothek in Form des Namens „Piratenpartei“ mit den ganzen negativen Assoziationen die da mittlerweile dran kleben, leisten. Wann hast Du, lieber Leser, das letzte Mal Zustimmung erfahren, als Du mit Außenstehenden darüber gesprochen hast, dass Du Pirat bist?

Lohnt es sich wirklich, sich mit den Linksradikalen, die die Partei unterwandert haben, um eine zunehmend leere Hülle zu streiten? Nur wegen des mittlerweile wertlosen Namens „Piratenpartei“? Ein Name, der in den Ohren des normalen Wählers als Name für eine Partei mittlerweile so gut klingt wie z.B. Contergan für ein Schmerzmittel oder Lehman Brothers für eine Bank? Ich glaube nicht.

Es ist politisch sinnlos aus einer Art von Nostalgie heraus (wegen der guten alten Zeiten!) wehmütig an der „Piratenpartei“ festzuhalten, als hätte der Name irgendeine magische Bedeutung und müsste darum um jeden Preis für die „gute Sache“[tm] zurückerobert werden.

Diese positive, verteidigenswerte Bedeutung hat dieser Name nur noch in
den Köpfen weniger richtiger Kernpiraten[tm]. Auch wenn das ggf. unsere Köpfe sind müssen wir uns damit abfinden dass dieser Name gegen unseren Willen neu geprägt („re-framed“) worden ist und jetzt primär für inkonsistenten, widersinnigen, linksradikalen Bullshit steht. So wie z.B. auch das Wort „neoliberal“ mal eine positive Bedeutung hatte, die aber jetzt niemanden mehr interessiert. Weil es SPD und Die Linke gelungen ist das Wort so umzudeuten dass es jetzt quasi ein Synonym für Raubtier- und Manchester-Kapitalismus, Ausbeutung und Betrug ist.

Wir müssen die Worthülse „Piratenpartei“ mental loslassen und wieder an die Inhalte denken, die wir unter diesem vergifteten Namen in Deutschland zumindest in den nächsten, so entscheidenden Jahren, niemals würden durchsetzen können.

Ich halte es darum für klug den Linksradikalen das leckgeschlagene und brennende Schiff (nautische Metaphern ftw!) namens Piratenpartei zu überlassen (damit sie damit an den nächsten Klippen auf Grund laufen können) und selbst ein neues Schiff auf Kiel zu legen.

Denn: Wir haben schlicht keine Zeit, die Piratenpartei zu debuggen und alle Bugs zu patchen. Wir würden bis 2017 unter dem Sperrfeuer der innerparteilichen Gegner nie damit fertig! Wir müssen die erste Implementierung wegwerfen, die Architektur geradeziehen, und die Partei neu aufsetzen!
Wir brauchen eine funktionierende innerparteiliche Demokratie – ich schlage vor, ein Delegiertensystem mit der Möglichkeit von Urwahlen.
Wir brauchen funktionierende Abwehrmechanismen gegen Radikale U-Boote – ich plädiere für eine Mitgliedschaft auf Probe, reguläre Mitgliedschaft nur bei Aktivität, „Bewerber-Grillen“ statt „Kandidaten-Grillen“.
Wir brauchen eine verbindliche Kernthemen-Agenda, und feste Positionen oder eine Vereinbarung über die explizite Nicht-Behandlung in Bezug auf Streit-Themen die die Partei wieder spalten könnten.

Es ist sicher nicht an mir als unbekannter Basispirat dieses Vorhaben zu treiben, aber ich würde mich freuen ggf. zu helfen, denn auch wenn ich kein Pirat mehr bin liegen mir die liberalen piratigen Ideen, Schutz privater Daten, Transparenz öffentlicher Daten, „Fair Use“, sinnvolle Fristen und faire Beteiligung von Urhebern im Urheberrecht, ein verständliches und faires Rechts- und Patent-System sehr am Herzen.

Die Piratenpartei ist tot – es lebe die „Partei der Piraten“! :-)

p.s.: Für die, die das schon mal gelesen haben: Ich habe diesen Blogpost teilweise aus einer Mail abgeschrieben. Aus einer Mail von mir.

3 Gedanken zu „Die „Piratenpartei“ ist tot! Es lebe die Piratenpartei Partei der Piraten!

  1. ddk

    Eine Alternativpartei hätte im Moment keine Chancen, weil sie nicht die Aufmerksamkeit bei Netz- und IT-Themen hat wie die Piraten in den späten 2000er-Jahren. Die ganzen Debatten um Netzsperren, Vorratsdatenspeicherung und auch Themen wie Computerspiel-Zensur haben nicht mehr die Aufmerksamkeit wie damals. Im Gegenteil, das Establishment macht sich arrogant über den vermeintlich letztendlich machtlosen Netzpöbel lustig; Firmen mit fragwürdigem Vorgehen suchen Shitstorms professionell zu bewältigen, statt auf Druck wirklich zu reagieren (z.B. Jack Wolfskin-Abmahnungen). Das war ja damals die Aufbruchstimmung, dass sich die Massen dem Mainstream der Medien und der Obrigkeit entgegen stellten.

    Meiner Meinung nach haben die Piraten mit der Antifa ein echtes Problem. Und das ist nicht einfach nur Linksextremismus, sondern dass die mit äußerster Aggressivität die Partei kontrollieren und nichts außer ihren Positionen gelten lassen wollen. Ich will auch nicht ausschließen, dass Helms Bomber Harris-Aktion eine reine Zerstörung war, nachdem sich doch leiser Widerstand z.B. gegen die Autonomenfahnen in Bochum geregt hatte. Auch Femen wurden von Antifa-Gruppen vorher (bislang wohl nur verbal) attackiert.

    Die Partei hätte ein breites Spektrum auch radikaler Meinungen tragen können. Leute wie Bodo Thiesen haben die Partei nie systematisch unterwandert, um sie dann zu kapern und in eine reine Rechtspartei zu verwandeln. Selbst Helms Aktion hätte man als privaten Fehlgriff abtun können, wenn sie es wirklich nur selbst oder mit ihrer Partnerin getan hätte. Aber nein, die linksautonomen Seilschaften stellen sich zum einen geschlossen hinter sie und versuchen dann noch, die Anerkennung der Dresden-Bombardierung als rechtens als verbindlichen Konsens einzufordern und das mit Einschüchterung durchzusetzen. U.a. durch Verunglimpfung von Leuten, die das, auch in sachlicher Form, nicht akzeptieren, als „rechts“ und „revisionistisch“ (z.B. Hashtagging auf http://deutschevolksseele.tumblr.com). Überhaupt Helms Versuch, die Teilnehmer des Shitstorms einzig der rechten Ecke zuzuordnen, so, als könnte anderen nicht auch der Kragen platzen, wenn das gezielte Verbrennen von Frauen und Kindern verherrlicht wird.

    Das ist eben der Unterschied zwischen bloß extremen Positionen und aggressiven, tendenziell totalitären Bestrebungen. Vielleicht hätte es sowas auch von rechts geben können, dann hätte es ziemlich ähnlich ausgesehen wie jetzt, nur eben mit ziemlich einschüchternd auftretenden Neonazis und einem hinter ihnen stehenden Unterstützerumfeld gewaltbereiter Glatzen. Hat es aber nicht gegeben, sondern stattdessen Autonome und Antifa. Und wenn jetzt wieder Leute behaupten, dass rechts und links nicht gleichzusetzen seien, muss eben daraus verwiesen werden, dass alleiniger Ideologie- und Machtanspruch und dessen Durchsetzung mit Einschüchterung und Gewalt die weitaus relevanteren Ausrichtungen einer Gruppierung sind als irgendwelche weltanschaulichen Anstriche!

    Was hier lief (wenn es denn jetzt zuende geht), sieht mir wirklich nach einer versuchten feindlichen Übernahme aus. Erst, wenn die Urheber dieser Versuche daran dauerhaft gehindert werden (was NICHT bedeuten soll, jetzt alle radikaleren Linken rauszuschmeißen, sondern nur die Aggressiven), kann sich die Partei vielleicht wieder berappeln – auch, wenn es eine Weile dauert. Eine Neugründung dagegen hätte keinen Anker.

    1. peter Beitragsautor

      Ich sehe das anders. Das Potential für eine piratige Partei ist da, auch das Personal, aber die aktuelle Piratenpartei kann diese Kräfte nicht einfangen, weil dort das Chaos und die Linksextremisten herrschen. Ein „Fork“ der Piratenpartei hätte ggf. mehr Chancen wenn es ihm gelingt, sich durch bessere Medien-Arbeit als „wahrere“ Piratenpartei zu positionieren. Und das dürfte angesichts der Pressearbeit der aktuellen Piratenpartei eher einfach sein.

      1. ddk

        Ich hab die politische Landschaft schon über etliche Jahre mehr oder minder intensiv beobachtet, so seit den 1980ern, und es ist immer so gewesen, dass Parteiabsplitterungen schlicht untergegangen sind. In der Politik ist einfach eine viel zu starke Markenbindung, und die Medien konzentrieren sich auf Bekanntes. Schlimmstenfalls verteilen sich Wählerstimmen auf viele Kleinparteien und hindern den einzigen Kandidaten am Wahlerfolg. Wäre ja toll, wenn sich das im Internet ändern würde, aber noch seh ich da keine Änderung. Die Wähler akzeptieren sogar eher eine Partei, die mit dem ursprünglichen Image nicht mehr viel gemein hat: Die Grünen waren früher ein bunter Haufen, Schwerpunkt Umwelt, aber von konservativ bis links alles dabei. Mit der Zeit hatten einfach die linken Kader die stärkeren Ellenbogen und drängten die anderen raus oder an den Rand – ein paar undisziplinierte linke Fundis flogen auch mit raus. Böse Zungen bezeichneten daher die Grünen bald als Melonenpartei – außen grün, innen rot. Erfolgreich waren sie trotzdem, weil auch die ganz linken Kader das Umweltthema bedienten. Abspaltungen, wie die ÖDP, hatten nie ernste Chancen. Von den Rechtsparteien und der dortigen Zersplitterung will ich mal gar nicht reden, wo dann einige ernsthaft glaubten, wenn er sich vom anderen total abgrenzen, würden sie vielleicht in den Medien nicht mehr als Nazis runtergemacht.

        Auch bei den Piraten glaube ich daher, dass es faktisch nur die Head-Revision geben wird. Man kann Branches machen und zurück mergen, vielleicht damit auch etliche Bugs überbügeln. Wie in der realen Softwaretechnik wird eher ein vermurkstes System weiter gepflegt und (am wichtigsten!) verkauft, als dass man einen Fork oder eine Neuentwicklung nimmt.

        Man sieht es jetzt wieder, was den weiteren Lauf bestimmen könnte: Helm und Konsorten kleben am Sessel wie Profipolitiker, die Mist gebaut haben, aber partout nicht gehen wollen, während die einfachen Mitglieder, die den Mist nicht mitmachen, die Partei verlassen. Selbst vor der Europawahl, wo die Piraten durch Helm und andere Autonome-Antifa-Kandidaten praktisch unwählbar geworden sind. Aber wer das Piratenschiff verlässt, landet im weiten Ozean und ertrinkt, zumindest politisch. Schlimmstenfalls ergeht es den Piraten wie den Grünen: sie wandeln mit einer leeren Hülle aus Netz- und IT-Affinität rum, während innendrin eine Clique ultralinker Kader das Sagen hat. Mit der Verhöhnung der Dresdner Bombenopfer hat sich ja nicht nur Helm aus dem Kreis der notfalls noch mit Brechreiz wählbaren Piraten verabschiedet (die man wohl leider braucht, wenn man politische Kompromisse will), sondern auch Schramm und all die Leute, die mit verhöhnt, das gebilligt und sogar als „Konsens“ eingefordert und Kritiker als „Revisionisten“ verunglimpft haben.

        Mein Wunsch wäre, möglichst viele Leute wieder zurück zu holen, die in der Vergangenheit die Partei verlassen haben, damit man dem „Antideutschen“-Flügel (ich will die jetzt mal nicht so einfach pauschal als „links“ oder „linksextrem“ bezeichnen) Paroli bieten kann. Von mir aus kann es gerne auch linkere Flügel geben, aber Einschüchterung, Gesinnungspolizei spielen und Verherrlichung von Kriegsgräueln sollten meiner Meinung nach tabu sein.

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