Wenn irgendwann ein Buch über die politische Sprache des 21ten Jahrhunderts in Deutschland erscheinen wird, dann wird es darin möglicherweise einen Eintrag geben über den Ausdruck „jemanden nicht abholen“, und die Erläuterung dazu wird ungefähr so aussehen:
Jemanden nicht abholen:
Phrase, mit der ein/e Politiker/in den Anschein erwecken will, für die „nicht Abgeholten“ (d.h. die, die angeblich die klugen Absichten der Politik nicht richtig verstehen) Verständnis zu empfinden, wobei diese „nicht Abgeholten“ mit der Phrase gleichzeitig als passiv und „Zurückgeblieben“ hingestellt werden.
Ich mag diese Phrase eigentlich nicht, aber ich denke sie passt hierher, denn ich gehöre zu den Männern, von denen Feministinnen unserer Zeit wohl sagen würden, dass sie „nicht abgeholt“ worden seien, und damit meinen würden, ich sei einfach zu blöd zu erkennen, was der Feminismus eigentlich alles Tolles für mich tun will.
Ich komme mir beim Nachdenken über diese tollen Dinge, die der Feminismus angeblich auch gerade jetzt für mich tun will oft vor wie im Märchen von des Kaisers neuen Kleidern; denn wenn ich darüber nachdenke, was der Feminismus für mich im Angebot hat, sehe ich — Nichts. Der Kaiser ist nackt, der Feminismus hat gar nichts für mich im Angebot, dennoch wird von Feministinnen ohne Unterlass so getan als wäre da was und als müssten Männer eigentlich begeistert sein und jubeln und die, die es nicht tun, die sind halt zu blöd, bzw. stehengeblieben, zurückgeblieben, nicht abgeholt worden.
Dass ich diese positiven Dinge, die der Feminismus angeblich für mich tun will, irgendwie nicht (als positiv) sehe, zieht sich übrigens vom Kleinen bis ins Große durch.
Im Kleinen fängt es mit dem „Boys Day“ an, wo staatlich gefördert versucht wird, Jungen Berufe schmackhaft zu machen, die zu Alterarmut führen (!) und für die sie sich meist gar nicht interessieren. Mit Verlaub, über diese Maßnahme vermag ich mich wirklich nicht zu freuen. ((Der Girls Day ist, bei aller Erfolglosigkeit, zumindest gut gemeint, aber der Boy’s Day ist mit dieser Zielsetzung Männer in unterbezahlte Berufe zu drängen einfach nur eine Frechheit. Vielleicht sollte man das Geld für diese Veranstaltungen besser in Initiativen zur Verbesserung der Bezahlung sozialer Berufe stecken.))
Und es geht im Großen bis hin zum BMFSFJ, dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen, und Jugend. Ist es nicht auffällig, dass das Ministerium quasi für jeden zuständig ist, der entweder jung oder alt oder in einer Familie oder eine Frau ist, also für alle außer (Single-) Männer? Weswegen einige Männerrechtler das Ministerium auch zynisch-verbittert das „Ministerium für alle außer Männer“ nennen.
Das einzige, was das BMFSFJ jemals für Männer getan zu haben scheint ist, eine Studie Gewalt gegen Männer erstellen zu lassen, und zwar im Jahre 2005 (das war vor d r e i z e h n Jahren).
Unter anderem stand im Fazit der Studie (Langfassung, Abschnitt 10.3):
Nachdem diese Studie also das Ergebnis hatte, dass dringend Hilfsangebote für männliche Opfer von Gewalt zu schaffen seien, geschah: NICHTS. Und zwar für 13 Jahre, bis heute, 2018.
Was geschehen statt dessen geschehen ist, ist zum Beispiel das Inkrafttreten des Hilfetelefon Gesetzes am 14.März 2011, dessen Zweck es laut §3 HilfeTelefonG explizit ist, allen zu helfen, die mittelbar oder unmittelbar von Gewalt gegen Frauen betroffen sind; Männern, die Opfer von Gewalt geworden sind, hingegen nicht. Warum auch… (Sarkasmus).
Entschuldigung, aber die durchgehende Einseitigkeit feministischer Bemühungen zur Verbesserung der Welt für Frauen ist einfach zu eindeutig, als das irgend ein Mann glauben könnte, der Feminismus kümmere sich auch um die Sorgen und Nöte von Männern.
Das Gegenteil ist der Fall: Feministinnen ignorieren alle Probleme von Männern; wenn Männer auf Probleme von Männern aufmerksam machen, wird das als Gejammere / Derailing / „Whataboutism“ abgetan. Männer werden als von Feministinnen nur als Privilegierte bzw. als Täter gedacht, so dass jegliche Maßnahme für Männer von Feministinnen immer als Schritt gesehen wird, „die feministische Sache“ zumindest irgendwie zu beschädigen oder zu verlangsamen, und sei es nur aufgrund der Tatsache, dass ein Budget für Maßnahmen für Männer natürlich Geld darstellen würde, dass nicht noch zusätzlich für Frauen ausgegeben werden kann.
Sogar dass die Jungenbeschneidung per Gesetz (§1631d BGB) legalisiert wurde ((nachdem ein Gericht festgestellt hatte, dass die medizinisch nicht notwendige Amputation von Körperteilen auf Wunsch der Eltern Körperverletzung ist)) obwohl es vollkommen absurd ist, dass die Religionsfreiheit der Eltern das Recht auf körperliche Unversehrtheit nur von Jungen einschränken könnte/sollte/müsste, wurde von feministischer Seite nie kritisiert; vielmehr scheint man dort die Genitalverstümmelung von Jungen aufgrund der Möglichkeit zu begrüßen, dass diese das Gebährmutterhalskrebsrisiko bei Frauen reduzieren könnte; so zynisch, selbstbezogen, männerverachtend und gegenüber Jungen vollkommen empathielos agiert der Feminismus.
Und solange das so ist, wird sich kein Mann, der bei klarem Verstand ist, vom Feminismus „abholen“ lassen; jedenfalls solange nicht, wie das Mitkommen noch freiwillig ist.
Für mich ist es absolut notwendig, dass Männer sich als Männerrechtler für die Anliegen von Männern einsetzen und engagieren. Der Feminismus eignet sich nicht als Anwalt für Männer, solange die allermeisten Feministinnen als Anklägerinnen sehen, die Männer immer nur als Schuldige sehen, während Frauen grundsätzlich Opfer irgendwelcher angeblicher „Strukturen“, „des Systems“ oder gar „des Patriarchats“ sein sollen.
Ich würde so weit gehen die These aufzustellen, dass Probleme von Männern individualisiert werden, während Probleme von Frauen sozialisiert werden.
Das heißt: Wenn ein Mann keine Karriere macht, ist er selbst daran schuld. Wenn eine Frau keine Karriere macht, sind wir eher bereit zu glauben, abstrakte Gründe wie „die Gesellschaft“ oder „die gläserne Decke“ seien Schuld.
Wenn Männer gewalttätig werden, dann liegt es daran, dass sie gewalttätig sind. Wenn Frauen gewalttätig werden, dann glauben wir eher, dass sie irgendwie traumatisiert gewesen sein müssen. Man kann noch viele Beispiele finden dafür, dass bei Männern eher angenommen wird, in ihren Entscheidungen frei und eigenverantwortlich zu sein, während bei Frauen angenommen wird, ihre Entscheidungen würden eher durch die äußeren Umstände beeinflusst.
Diese Sicht auf Männer und Frauen entspricht einem stereotypen Geschlechterbild, dass Frauen als weniger zu Eigenverantwortung befähigt denkt, welches der Feminismus doch überwinden wollen müsste bzw. schon überwunden haben sollte.
Dass der Feminismus das bisher nicht getan und auch nicht versucht hat, liegt entweder daran, dass dazu die Einsicht fehlt, oder daran, dass der Feminismus bei seinen ganzen Forderungen nach weiterer Frauenförderung davon profitiert, dass Menschen durch diese Tendenz, Frauen eher als von den äußeren Umständen beeinflusst zu sehen, eher bereit sind, einer immer „frauenfreundlicheren“ Gestaltung dieser Umstände zuzustimmen.
In jedem Fall ist es notwendig, dass Männer den Kampf für Männerrechte und für eine stärkere Berücksichtigung von Männer-Anliegen in der Politik selbst in die Hand nehmen.
Denn der Feminismus hat überhaupt kein Interesse daran, etwas für Männer zu tun, er betreibt eine einseitige Klientelpolitik für Frauen. Im „Feminismus-Zug“ sind für Männer nur Stehplätze auf dem Gang vorgesehen, sozusagen als „ausgleichende Ungerechtigkeit“ für angebliche „tausende Jahre Frauenunterdrückung“. Kein Mann, der noch bei Sinnen ist, würde freiwillig in diesem Zug mitfahren.
Nur durch eine starke Männerrechtsbewegung wird es wieder zu einem gesellschaftlichen Interessenausgleich zwischen Männern und Frauen kommen. Der wird wahrscheinlich dennoch nicht dazu führen, dass Männer und Frauen die gleichen Interessen, Vorlieben, Leidenschaften und Berufswünsche haben werden, aber vielleicht dazu, dass man bei Fragen der Eigenverantwortlichkeit und Hilfebedürftigkeit, sozusagen beim Fordern und Fördern von Männern und Frauen, bei dem, was man Männern und Frauen zutraut und wo man die Grenze zieht, wo Hilfebedürftigkeit anfängt, keine Unterschiede mehr macht.