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Das Paradox der Gleichstellungspolitik

Nehmen wir als Gedankenexperiment einmal an, die Menschen, Männer, Frauen, alle anderen Gruppe, seien tatsächlich gleich.
Gleich klug, gleich ehrgeizig, gleich gewissenhaft oder gewissenlos, gleich fürsorglich und gleich rücksichtslos, etc. pp..

Dann gäbe es im Prinzip keinen Grund für Gleichstellungspolitik, denn wir hätten hier ein Nullsummenspiel. Wir könnten Frauen gegen Männer austauschen oder Schwarze gegen Weiße oder Kleine gegen Große, aber im Endeffekt würde sich überhaupt nichts ändern. Gefördert würde nur die Betonung der eigentlich irrelevanten Unterschiede beim Versuch, künstlich alle Positionen irgendwie nach letzten Endes rassistischen Kriterien gleich zu verteilen. Es wäre also am sogar Ende schädlich, so zu verfahren.

Wenn es aber relevante Unterschiede gäbe… wäre Gleichstellungspolitik wahrscheinlich ebenso schädlich. Denn dann müsste man ja, um die Gleichverteilung nach äußeren Merkmalen hinzubekommen, möglicherweise höherqualifizierte Personen durch geringerqualifizierte ersetzen. Man müsste z.B. die Hälfte aller fürsorglichen Erzieherinnen durch sorglose Erzieher ersetzen, oder die Hälfte aller kampfkräftigen SEK-Beamten durch weniger durchschlagskräftige SEK-Beamtinnen, oder die Hälfte aller schwarzen Basketballspieler zu Eishockeyspielern machen und die Hälfte aller weißen Eishockeyspieler zu Basketballspielern. Und das mit dem Argument, dass die Unterschiede, aufgrund derer man diese Umgruppierungen vornimmt, eigentlich irrelevant seien.

Und jetzt frage ich mich: Ist das vielleicht völliger Unsinn? Ist der Kaiser möglicherweise nackt, und es sagt nur keiner?

Multikulturalismus vs. Ethnopluralismus

Multikulturalismus und Ethnopluralismus. Beides sind Begriffe, die das Miteinander-Leben von verschiedenen Kulturen bezeichnen sollen.
Beim Multi-„Kulturalismus“ geht es dabei scheinbar mehr um die Kultur, im Endeffekt aber um eine Gruppe Menschen die sich mit dieser Kultur identifizieren, beim „Ethno“-Pluralismus eher um die Ethnie, also um eine Gruppe von irgendwie zusammengehörigen Menschen ((ontische Gruppe?)).

Der Ethno-Pluralismus gilt als Euphemismus für eine Art von Apartheidssystem, dass die Ethnien trennen will mit dem Vorwand, es ginge um die Erhaltung der Vielfalt. Hier geht es angeblich um eine Verhinderung der Verschmelzung der Kulturen.

Hingegen gilt der Multi-Kulturalismus als fortschrittliches Projekt, das friedliche Miteinander verschiedener Kulturen/Ethnien zu ermöglichen, das das Verschmelzen der Kulturen nicht ausschließt.

Allerdings gibt es im linken bzw. linksradikalen Intersektionalismus die Tendenz, die sogenannte „kulturelle Aneignung“ als rassistischen Übergriff zu sehen. Wenn also jemand weißes Dreadlocks trägt, dann sei das eine Art „kultureller Diebstahl“ bzw. ein Schritt zur Zerstörung der Rasta-Kultur. Denn die Übernahme der Dreadlocks und die Umdeutung zu einer einfach nur modischen Frisur sei ein Angriff auf die Rasta-Kultur, denn durch Herauslösung dieser Frisur aus ihrem kulturellen Zusammenhang und die Einfügung in einen kommerziellen Lifestyle-Zusammenhang werde der kulturelle Bezug irreversibel zerstört.

Praktisch gibt es also keinen praktischen Unterschied zwischen rechtsextremem „Ethnopluralismus“ und linksextremem „Multikulturalismus“, nur die Rechtfertigungen unterschieden sich warum man die jeweiligen Kulturen vor einer Zerstörung und Vermischung bewahren will.
Im Falle des linksradikalen Intersektionalismus will man die Kulturen der Opfern von Kolonialismus und Rassismus beschützen, wobei man sich dadurch allerdings wiederum zur „Schutzmacht“ vermeintlich unterlegener und „schwacher“ Kulturen aufschwingt, was in absurder Weise die Erzählung des Kolonialismus fortschreibt, auch wenn natürlich dieser Kultur-Protektionismus diesmal ein total gutgemeinter Protektionismus sein soll.
Im Falle des rechtsradikalen Ethnopluralismus hingegen geht es vor allem um den Schutz der eigenen, vermeintlich überlegenen Kultur, was eher nationalistische Narrative fortschreibt.

Lustigerweise könnte man „Star Trek“, wo auf den meisten Planeten die autochthone Bevölkerung quasi unter sich bleibt (Vulkanier auf Vulkan, Klingonen auf Klingon, etc.) als Umsetzung ethnopluralistischer Modelle sehen, obwohl es doch als eine Art liberale, positive Zukunftsvision gedacht war, während „Star Wars“ mit seinem Mix von verschiedensten Wesen eher als multikulturell einordnen ließe.

Letzten Endes sind die Begriffe allerdings egal. Entscheidend ist, ob man kulturelle Vielfalt möchte, oder eher von einer Einheitsgesellschaft träumt, und ob man Kulturen zugestehen will, ihre kulturelle Identität durch aktive Bewahrung von Eigenheiten, bis zur Ablehnung der Übernahme von Eingeschaften anderer Kulturen, zu behaupten.

Wenn man die Vielfalt bewahren will muss man allerdings bayrischen Trachtenvereinen und friesischen Volkstanzgruppen das gleiche Recht zur Verteidigung kultureller Eigenheiten zusprechen wie Rastas oder orthodoxen Juden.

Wenn man die Vielfalt nicht unbedingt bewahrenswert findet, braucht man gar nichts zu tun. Denn Kulturen haben sich schon immer vermischt, und es haben sich auch immer schon neue Kulturen und Subkulturen gebildet. Dann ist es auch egal, ob sich links- und rechtsradikale über die richtige Begründung für kulturelle Abschottung streiten und das dann Ethnopluralismus oder Multikulturalismus nennen.

Warum wird #ausnahmslos so hart getrollt?

Die Aktion „#ausnahmslos“ hat so hehre Ziele: Antirassismus, Kampf gegen sexuelle Gewalt.

Wie kommt es nun, mag man sich als Außenstehender fragen, dass diese gute Sache so hart getrollt wird?

Nun, die Erklärung der Aktions-Teilnehmerinnen kann man sich vorstellen: Alle Kritiker sind Rechte und Maskulinisten, denn wer gegen #ausnahmslos ist, der ist für Rassismus und Sexismus!
Ganz so einfach ist es aber nicht.

Die Aktion bekommt aus folgendem Grund Gegenwind: Sie ist eine Volte von Feministinnen, um zu verschleiern, wie sehr sie selbst bisher der Sache der Frauen (in Deutschland und überall) geschadet haben.

Die Angriffe von Köln haben die Glaubwürdigkeit eines Kernbestandteils des intersektionalen Feminismus, die Privilegientheorie (die besagt, dass weniger privilegierte Menschen privilegierte Menschen per definitionem nicht diskriminieren können) vollkommen zerstört. Es ist offensichtlich geworden, und wird jetzt auch in linken Kreisen diskutiert (siehe auch hier), dass schwarze Asylanten eben auch übergriffig sein können, obwohl sie doch „unterprivilegiert“ gesehen werden. Und nun wird auch den linken, intersektionalen Feministinnen bewusst, dass ihre Weise, die Privilegientheorie in Aktionen umzusetzen, ideologisch verblendeter Unsinn war.

Bisher habe größere Teile der Damen, die sich jetzt mit „#ausnahmslos“ an die Spitze der Bekämpfung von sexueller Gewalt und Rassismus setzen wollen, daran mitgearbeitet, Frauen, die sexuelle Gewalt durch „Unterprivilegierte“ erfahren haben, mundtot zu machen und in die rechte Ecke zu stellen.
Sogar linke Aktivistinnen, die es wagten, Belästigung in einem „Refugee-Soli-Camp“ öffentlich zu machen, wurden mundtot gemacht, sogar die TAZ wurde anscheinend eingespannt, um die Behauptungen dieser Aktivistin zu dementieren.
Das heißt: Es gab in der feministischen Szene bisher ganz absurde Zustände, wo einerseits verlangt wurde, Frauen in Bezug auf sexuelle Belästigung immer zu glauben, andererseits Frauen aber nie geglaubt wurde, wenn diese „unterprivilegierte“ Tätergruppen beschuldigten. Oder anders: Wo die linksfeministische Szene bisher total versagt hat, nämlich dabei, sowohl Rassismus als auch sexuelle Gewalt durch Nicht-Deutsche gleichermaßen ernst zu nehmen und zu bekämpfen, da will man jetzt Experte sein und alles anders machen.

Hier soll der Bock zum Gärtner gemacht werden. Hier wollen sich Leute als Lösung anbieten, die Teil des Problems sind.

Durch die bisherige Anwendung der intersektionalen, privilegientheoretischen Ideologie hat sich die netzfeministische Szene Deutschlands in erheblichem Maße mit schuldig gemacht daran, dass Frauen sich nicht getraut haben, Belästigung zu melden, aus Angst vor Diffamierungen aus dem „progressiven“ feministischen Lager.
Dass die Zahl der Anzeigen nach Köln explodiert ist, nachdem die Medien endlich begonnen haben, offen zu berichten, zeigt, wie verheerend das Schweigekartell der Medien sich ausgewirkt hat auf die Fähigkeit von Frauen, Belästigungen zu melden.

Es zeigt, wie schädlich die Positionen großer Teile der deutschen Netzfeministinnen, die durch ihre Lobby-Arbeit, ihre Medien-Statements und Blogs direkt und indirekt an diesem Schweigekartell mitgearbeitet haben, sich auf die Frauen in Deutschland, aber auch anderswo, ausgewirkt haben.
Auch in Schweden hat die maßgeblich von Feministinnen erzwungene „politische korrekte Berichterstattung“ dazu beigetragen, dass sexuelle Belästigung von den Medien vertuscht wurde.

#ausnahmslos ist, ich wiederhole mich, nichts anderes als der verzweifelte Versuch, das tatsächliche bisherige absolute Versagen des Feminismus ((bzw. zumindest der Teile des Feminismus, für die die #ausnahmslos-Initiatorinnen mit stehen)) bei der Bekämpfung sexueller Gewalt zu verschleiern, und durch die „Besetzung“ der Themen Antirassismus / Kampf gegen sexuelle Gewalt die Diskurshoheit und den „moral high ground“ wieder zu erlangen. Das wollen viele Menschen nicht hinnehmen. Und darum gibt es Gegenwind für die scheinbar so wunderbare Aktion „#ausnahmslos“.

Auch ich finde — wie jeder normale Mensche — den Kampf gegen sexuelle Gewalt und gegen Rassismus wichtig. Aber man darf damit keine ideologisch verblendeten Netzfeministinnen beauftragen, die teilweise noch bis vor einer Woche aktiv daran mitgearbeitet haben, sexuelle Gewalt gegen Frauen zu verschweigen und Opfer sexueller Gewalt mundtot zu machen.