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Anne Will: Pauschalisieren mit Domscheit-Berg und Daimagüler

Bei Anne Will konnte man gestern Erstaunliches beobachten.
Zum Beispiel, dass linkssoziale Politiker nicht wissen, was „pauschalisieren“ bedeutet.

Die selbsternannte Guerilla-Strickerin und Aktivistin Domscheit-Berg zum Beispiel pauschalisierte ständig. Weil die Flüchtlinge, die sie bei sich zuhause aufgenommen habe, nett seien, seien das wohl auch alle anderen.
Weil sie in Ägypten nicht belästigt worden sei ((als westliche Touristin wird man natürlich seltener belästigt, weil das den Täter in einen Folterknast bringen kann, aber hey…)), seien Behauptungen, in islamischen Ländern werde öfter belästigt als in Deutschland, falsch.

Beides klassische Fälle von Pauschalisierung.

Keine Pauschalisierung hingegen ist es, wenn man nicht von einzelnen auf alle schließt, sondern Gruppen betrachtet. Wenn man beispielsweise die Gruppe der Asylsuchenden aus den Maghreb-Staaten betrachtet, dann ist die Feststellung, dass diese in einem Land sozialisiert worden sind, wo Minderheitenrechte weniger gelten und Gewalt häufiger ist, keine Pauschalisierung, sondern eine Tatsache.
Und dann ist es auch sehr naheliegend und statistisch wahrscheinlich, und darum nicht diskriminierend zu konstatieren, dass es in dieser Gruppe mit höherer Wahrscheinlichkeit Menschen geben wird, die mit den deutschen Sitten und Gesetzen in Konflikt kommen werden.

Aber diese logischen und zwingenden Folgerungen wollten Domscheit-Berg, Daimagüler und auch Dieter Salomon mit der Unterstellung, solche Überlegungen bedeuteten eine „Pauschalisierung“, gern wegreden.

Das hat aber nicht geklappt, und zwar dank des brillianten Jens Spahn, der nebenbei noch aufzeigen konnte, wie sehr die Flüchtlingskrise die Argumentationen linker Politik der letzten Jahre auf die Probe stellt.

Denn wo bisher behauptet wurde, die Sozialisation eines Menschen habe entscheidenden Einfluss, da soll das plötzlich nicht mehr gelten, wenn es um Flüchtende geht.

Bisher wurde propagiert, das Patriarchat, der Sexismus, die Benachteiligung von Frauen, und die sogenannte „Rape Culture“ müssten durch gendersensible Erziehung vom Kindergarten bis zur Bahre mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden, sonst würde die wahre[tm] Gleichberechtigung der Frau ((Genderfeministinnen vom Schlage einer Anke Domscheit-Berg behaupten ja, Frauen seien in Deutschland noch immer unterdrückt, glauben an 22% Gender Pay Gap, etc..)) nie erreicht werden können.

Aber nun, da Millionen von Flüchtenden ins Land kommen, die anders sozialisiert sind und — unter der Annahme, dass die linke Politik der letzten dreißig Jahre, das Verbot von Vergewaltigung in der Ehe, das Verbot, Kinder zu schlagen, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, etc., überhaupt irgendetwas bewirkt haben — im Durchschnitt frauenfeindlicher und gewalttätiger als deutsch sozialisierte Männer sein müssten, nun soll es also plötzlich möglich sein, dass Menschen ihre Sozialisation an der Grenze (oder nach einem kurzen Sprachkurs mit freundlicher Belehrung über progressive deutsche Werte) abgeben und sofort ebenso anti-sexistisch und rechtstreu werden wie Bürger, die man in Deutschland in Kindheit und Jugend entsprechend konditioniert hat.
Und das ist natürlich völliger Blödsinn bzw. zumindest ein extremer Widerspruch zu allem, was Linke die letzten Jahrzehnte über behauptet haben.

Was man gestern bei Anne Will sehen konnte, war darum nicht anderes als die geistige Bankrotterklärung der Linken, die Feminismus und Antirassismus, Multikulturalismus und den Glauben an die Richtigkeit feministischer deutscher Erziehung einfach nicht mehr unter einen Hut kriegen, und zwar #ausnahmslos, und sich dennoch wundern, warum die Menschen ihre Erzählung nicht mehr glauben wollen.

Öffentlich-rechtlicher Talk: Bunt, laut, regierungsnah?

Ich habe in den letzten Tagen „Anne Will“ und „Hart aber fair“ und „Maischberger“ im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gesehen.

Zu Anne Will: Eine politische Diskussionssendung ist keine Reportage, und man erwartet dort auch keinen Enthüllungsjournalismus, sondern eine politische Diskussion.
Bei Anne Will hatte man aber einen dummen Facebook-Post der AfD-Politikerin von Storch ausgegraben, der in der Mitte der Sendung präsentiert wurde, offensichtlich, um von Storch verwirrt und paranoid aussehen zu lassen. Das wäre auch absolut okay gewesen, hätte man auch die Social-Media-Vergangenheit der anderen Debattenteilnehmer entsprechend kritisch betrachtet, oder z.B. den CDU-Mann auch mal mit den unterirdischen Tweets seiner Parteikollegin Erika Steinbach konfrontiert. Hat man aber nicht, und so blieb ein schaaler Beigeschmack der Parteilichkeit der ARD im Raum.

Bei „Hart aber fair“ hatte man sicherheitshalber gleich nur Vertreter der großen Koalition plus Christian Lindner von der FDP und Spiegel-Frau Melanie Amann als mehr oder weniger diversifizierende Elemente eingeladen. So waren Probleme mit Rändern des Parteienspektrums gleich ausgeschlossen.
Statt dumme Social-Media-Posts herauszusuchen, gab es hier als Provokation zur Mitte der Sendung ein Bild von Flüchtlingen an einem Grenzzaun in Ungarn, und Moderator Plasberg versuchte die Runde mit diesem Bild emotional zu erpressen. Man solle doch bitte zugeben, dass eine effektive Grenzsicherung inhuman sei, weil man dann ja mit Gewalt und Zäunen Menschen hindern müsste, nach Europa zu kommen.
Natürlich muss auch Plasberg klar gewesen sein, dass man Grenzen immer mit Absperrungen und nötigenfalls Gewalt sichern muss, so wie Menschen ihre Haustür absperren und natürlich auch das Recht haben, ein Eindringen Unbefugter mit Gewalt zu verhindern. Und natürlich muss man die EU-Außengrenzen nicht nur wegen Flüchtlingen, sondern auch wegen des sonst möglichen Schmuggels von Waffen, Drogen, Tieren und verbotenen Produkten sichern. Man stelle sich nur vor, Kinderspielzeug mit PCB oder BPA käme unkontrolliert ins Land…
Zum Glück konnte zumindest Christian Lindner diese alberne Provokation von Plasberg kontern.

Bilder lügen nicht, heißt es, aber Bilder sagen auch nicht die ganze Wahrheit. Das Bild mit Flüchtlingen am Zaun sagt zum Beispiel nicht, dass das wahrscheinlich Menschen sind, die viel Geld zahlen konnten um Schlepper zu zahlen. Das Bild sagt nicht, dass diese Menschen auch in einem Flüchtlingslager in der Türkei hätten bleiben können, oder nach Jordanien hätten gehen können. Das Bild zeigt nicht, ob es dort wirklich Gedränge gab, oder ob es ein Bildreporter gestellt hat. Und auf diesem Bild sind vor allem auch nicht die mehr als eine Milliarde Menschen, denen es auf der Welt noch viel schlechter geht. Wieviele Menschen in Zentralafrika könnte man mit dem Geld vor Tod und Krankheit retten, dass die Unterbringung eines Flüchtlings in Deutschland kostet? Zehn, oder hundert? Und warum tut man das dann nicht?
Es führt nur in moralische Dilemmata, emotional-manipulative Bilder in einer politischen Debatte für seine Zwecke einzusetzen, und daher ist es unredlich, dass die Redaktion dieses Bild vorbereitet hat, um auf diese billige Weise für Aufregung in der Sendung zu sorgen.
Unredlich ist auch der Versuch, Politiker in die Unmenschen-die-Mauern-Bauen-Ecke zu stellen, die Angela Merkels Politik der offenen Grenzen nicht für richtig halten. Um weiter zu provozieren fragte Plasberg auch, ob man vielleicht Hunde an der Grenze einsetzen sollte, als ob die EU einen Todesstreifen wie die DDR plane.

Diese alberne Polemik, von wegen „Schießbefehl an der EU-Außengrenze“, habe ich jetzt allerdings schon zu oft gehört, darum möchte ich hier Folgendes klarstellen: Die DDR hatte den Todesstreifen, weil sie unbedingt auf den letzten Metern verhindern wollte, dass jemand ihr Land verlässt und sich damit dem Zugriff ihrer Grenztruppen entzieht. Wer hingegen die Grenze der EU in Richtung EU überschreitet, begibt sich damit erst in den Einflussbereich der EU. Es besteht also kein Grund für hektische gewalttätige und sofort wirksame Maßnahmen.
Der „EU-Grenzverletzer“ flieht ja nicht vor der EU, sondern versucht vielmehr, auf dem Gebiet der EU zu bleiben.
Die EU-Grenztruppen haben also alle Zeit der Welt, können den Grenzverletzter ganz in Ruhe kommen lassen, verfolgen, verhaften, und ausweisen. Darum sind sämtliche Versuche, krude Vergleiche zwischen dem Grenzregime einer Diktatur und der Grenzsicherung der EU zu ziehen, um die EU-Grenzsicherung in ein schlechtes Licht zu rücken, sehr daneben.

Bei „Maischberger“ war wieder ähnlich wie „Anne Will“. Das Bemühen, Frauke Petry und den Mann von der SVP durch recherchierte Inhalte (bloß) zu stellen war sicher gut gemeint, wirkte aber bemüht und wird wieder als Beleg dafür herangezogen werden, dass die öffentlich-rechtlichen Medien agieren, als seien sie Schild und Schwert der Regierung, quasi wie in anderen, lupenrein demokratischen Staaten.

Das ist schade, und ich wünsche mir, dass es in Zukunft vielleicht auch mal zur Prime-Time Diskussions-Sendungen geben würde wie den „Presseclub“ von Phoenix, wo Menschen diskutieren, die nicht aktiv in die Politik verstrickt sind und daher freier reden können, und wo keine Redaktion nach der Hälfte irgendwelche Dinge einspielen lässt, um jegliche möglicherweise entstandene Sachdiskussion durch irgendwelche provokanten Inhalte wieder zu zerstören.

Und warum nicht einmal eine Talk-Sendung machen, wo so lange geredet wird, bis niemandem mehr etwas einfällt, quasi wie „Wetten, dass“ oder „Schlag den Raab“? Der öffentlich-rechtliche Rundfunk schwimmt im Geld, aber statt innovative, informative Sendungen zu machen, versucht er schlechtes Privatfernsehen zu imitieren oder die TV-Version des „Focus“ zu sein. Bunt, laut, kurz und sinnlos.

„Der heiße Stuhl“ bei RTL-Plus vor 20 Jahren war besser, informativer und interessanter als der auf Quote getrimmte Müll, den ARD und ZDF heute als moderne Talk-Sendung bezeichnen. „Das Duell“ auf n-tv und der Presseclub auf Phoenix sind meiner Meinung nach die einzigen Sendungen, die man sich ohne geistige Schäden in der Sparte Politik-Fernsehen ansehen kann.
Wirklich schade, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk den Presseclub wohl für zu intellektuell hält, um ihn dem Pöbel zuzumuten.

Und es ist alles zusammen sehr traurig. Wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk wirklich Vertrauen und Boden zurückgewinnen und weiterhin behaupten will, als Grundversorgung mit neutraler Berichterstattung unverzichtbar zu sein, dann sollte er die bestehenden Talk-Formate schnellstens kippen und neue einführen, die weniger auf Krawall gebürstet sind und tatsächlich eine sachliche Auseinandersetzung mit politischen Positionen ermöglichen.