Leider zeigt sich meiner Meinung nach in der Corona-Krise, dass die „Meinungspluralität“ in der Öffentlichkeit nur unzureichend funktioniert.
Man kann Impfgegner und Verschwörungstheoretiker dumm und verblendet finden, aber die Lösung des gesamtgesellschaftlichen Problems, dass eine Minderheit sich nicht von der Mehrheit überzeugen lassen will und lautstark opponiert, wird man sicher nicht dadurch lösen können, dass man versucht Demonstrationen von Impfgegnern nicht zuzulassen, oder dass man versucht, durch „richtige“ Berichterstattung alle auf Linie zu bringen.
Denn wo in den inländischen Medien die Meinungsvielfalt fehlt, ist es umso einfacher für Verschwörungstheoretiker, Geschäftemacher und unfreundlich gesinnte Propagandisten, Abnehmer für ihre „alternativen Wahrheiten“ zu finden.
„Werteorientierte Journalisten“ haben die Ideen in den Raum gestellt, die Darstellung (vermeintlich!) „richtiger“ und „falscher“ Ansichten zu gleichen Teilen führe zu einer „false Balance“, so dass die (dummen) Zuschauer nicht verstehen könnten, was jetzt wahrscheinlicher die Wahrheit sei.
Ich glaube das aber nicht. Wenn man verschiedenen Parteien in einer Debatte die gleiche Zeit zugestünde, sollten sich doch theoretisch diejenigen mit den besseren Argumenten und den glaubwürdigeren Quellen früher oder später durchsetzen.
Und wenn nicht sogenannte „Talk Shows“ stets viel zu kurz wären, um irgendetwas sinnvoll zu diskutieren, und parlamentarische Debatten meist nur (noch) ein Vorlesen vorbereiteter Reden, und wenn sich dann auch noch Leute die Zeit nehmen würden, solche längeren Debatten mehrere Stunden lang anzusehen, dann müsste meiner Meinung nach auch mehr Leuten einfacher möglich sein zu verstehen, was wahrscheinlich richtig ist und was wahrscheinlich falsch.
Meiner Meinung nach ist das Problem in unseren Medien nicht irgendeine „false balance“, sondern vor allem die ständige Verkürzung aller Themen auf kurze Soundbites, verkürzte Politiker-Statements, Parolen, aus dem Zusammenhang gerissene und falsch zitierte Sprüche, und durchverblödete Infotainment-Kurzartikel mit Clickbait-Überschrift.
Denn natürlich kann niemand richtige und falsche Halbwahrheiten ohne weiteres voneinander unterscheiden.
Wenn alles, was veröffentlicht wird, schon von Journalisten „eingeordnet“ wurde, die meinen, sie hätten einen höheren Auftrag, dem Massenmedienkonsumenten „die Wahrheit“ in leicht verdaulicher Form vorzusetzen, dann fällt das natürlich dem Konsumenten auch auf, und er hat keine Grundlage, Dinge selbst einzuordnen. Natürlich fangen dann Leute an, selbst zu recherchieren, und mit etwas Pech landen sie dann auf den Webseiten von VTlern, Geschäftemachern, oder staatlichen Propagandisten, oder Lobbyisten.
Tatsächlich ist ein Teil des Kommunikationsproblems in der Corona-Pandemie meiner Meinung nach auch, dass man am Anfang zu selbstsicher zu wenig gesicherte Erkenntnisse als Wahrheit verkauft und in allen Medien propagiert hat. Masken nützen nichts, Masken nützen doch etwas, FFP2-Masken sind unnötig, nur FFP2-Masken nützen etwas, nach einer Dosis J&J oder 2 Dosen Biontech ist man „vollständig geimpft“… die Liste der Dinge, die kommuniziert wurden, als wären sie in Stein gemeißelt, und die dann mehr oder weniger offen zurückgenommen werden mussten, oder die vielleicht aus taktischen Gründen gelogen waren (wie z.B. zu Zeiten der FFP2-Unterversorgung, dass FFP2-Maksen nicht notwendig seien) ist lang und gefundenes Fressen für alle, die die Corona-Schutzmaßnahmen als reines Stochern im Nebel und möglicherweise vollkommen sinnlos darstellen wollen.
Daher muss in einer möglicherweise kommenden nächsten Pandemie besser kommuniziert werden. Aktuelle Ansichten müssen stets als „zum aktuellen Zeitpunkt für zutreffend gehalten“ kommuniziert werden, und Zweifel müssen viel eher und länger und detaillierter diskutiert werden, auch und gerade im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dessen Aufgabe es ja gerade wäre eine Meinungspluralität zu garantieren, der aber in der Corona-Krise eher als Sprachrohr der Regierung wahrgenommen wurde.
Wer die Menschen „abholen“ will, der muss sich auch die Zeit nehmen, die es dafür braucht.
Meiner Meinung nach wäre dazu notwendig, dass Dinge wirklich mal stundenlang ausdiskutiert werden. Auch „falsche Meinungen“ müssen in epischer Breite analysiert und diskutiert werden, weil man nur so richtig zeigen kann, was daran ggf. faul oder zumindest wenig wahrschienlich ist, und alle müssen sich das in voller Länge anschauen können, die es wollen. Nur so bestünde meiner Meinung nach die Möglichkeit, „die Gesellschaft“ wieder zu einen. Überzeugen statt Überreden oder Überrumpeln muss das Motto sein, und auch wenn am Ende jemand weiterhin unsicher ist, was er glauben soll, ist das noch weit besser, als wenn er anfängt, wirren Verschwörungsideologien Glauben zu schenken.