Frau Stokowski echauffiert sich im Spiegel über sogenannte „true crime“-Inhalte, in denen Details realer Verbrechen auf reißerische Weise nacherzählt werden. Natürlich hat sie vollkommen recht, dass diese Art von, sagen wir, „Leidens-Porn“, extrem fragwürdig ist. Dennoch hat sie natürlich gründlich recherchiert und eine Menge dieser Formate konsumiert.
Eigenartig ist auch deshalb, dass sie in ihrem ganzen Artikel vergisst zu erwähnen, dass es das ganze True-Crime-Genre sehr wahrscheinlich nur gibt, weil (zu 80%) Frauen die Geschichten gerne konsumieren. Kaum vorstellbar, dass das Genre mit 80% weniger Kunden so florieren würde wie jetzt.
Auch scheinen die entsprechenden Artikel oder Sendungen auffällig oft von Frauen verfasst oder präsentiert zu werden. Vielleicht hätte man also kurz darauf eingehen sollen, wie Frauen durch ihren Konsum dieser Horrorgeschichten zur Reproduktion und Verbreitung derselben beitragen und somit nicht ganz unwahrscheinlich die Familien der Opfer unbegrenztem Leiden aussetzen (Retraumatisierung?).
Aber natürlich, wenn man eine Kolumnen-Reihe schreibt, die sowieso nur von radikalen Feminist*innen mit einem entsprechenden Weltbild gelesen oder ertragen wird, dann kann man es sich nicht leisten, vom „Team Frauen“ zu verlangen, Verantwortung zu übernehmen für das eigene Konsumverhalten. Man will es sich ja nicht mit der Leserschaft verscherzen. Dabei kann gesellschaftliche Veränderung natürlich nicht stattfinden, wenn die größere Hälfte der Bevölkerung durch ihr Verhalten dagegen arbeitet.
Doch so „lernen“ wir aus dem Artikel: Die True-Crime-Formate sind irgendwie böse und stützen das Patriarchat, das bekannterweise ständig Frauen ermorden lässt, die aus der Reihe tanzen. Und schuld daran sind irgendwie und letzten Endes wie immer „die Männer“ und „das System“, und Frauen sind machtlose und unschuldige Opfer, die nichtmal als Gruppe Verantwortung tragen, wenn sie durch ihre Konsumverhalten die Ausstrahlung gequirlter Scheiße befördern.