Multikulturalismus und Ethnopluralismus. Beides sind Begriffe, die das Miteinander-Leben von verschiedenen Kulturen bezeichnen sollen.
Beim Multi-„Kulturalismus“ geht es dabei scheinbar mehr um die Kultur, im Endeffekt aber um eine Gruppe Menschen die sich mit dieser Kultur identifizieren, beim „Ethno“-Pluralismus eher um die Ethnie, also um eine Gruppe von irgendwie zusammengehörigen Menschen ((ontische Gruppe?)).
Der Ethno-Pluralismus gilt als Euphemismus für eine Art von Apartheidssystem, dass die Ethnien trennen will mit dem Vorwand, es ginge um die Erhaltung der Vielfalt. Hier geht es angeblich um eine Verhinderung der Verschmelzung der Kulturen.
Hingegen gilt der Multi-Kulturalismus als fortschrittliches Projekt, das friedliche Miteinander verschiedener Kulturen/Ethnien zu ermöglichen, das das Verschmelzen der Kulturen nicht ausschließt.
Allerdings gibt es im linken bzw. linksradikalen Intersektionalismus die Tendenz, die sogenannte „kulturelle Aneignung“ als rassistischen Übergriff zu sehen. Wenn also jemand weißes Dreadlocks trägt, dann sei das eine Art „kultureller Diebstahl“ bzw. ein Schritt zur Zerstörung der Rasta-Kultur. Denn die Übernahme der Dreadlocks und die Umdeutung zu einer einfach nur modischen Frisur sei ein Angriff auf die Rasta-Kultur, denn durch Herauslösung dieser Frisur aus ihrem kulturellen Zusammenhang und die Einfügung in einen kommerziellen Lifestyle-Zusammenhang werde der kulturelle Bezug irreversibel zerstört.
Praktisch gibt es also keinen praktischen Unterschied zwischen rechtsextremem „Ethnopluralismus“ und linksextremem „Multikulturalismus“, nur die Rechtfertigungen unterschieden sich warum man die jeweiligen Kulturen vor einer Zerstörung und Vermischung bewahren will.
Im Falle des linksradikalen Intersektionalismus will man die Kulturen der Opfern von Kolonialismus und Rassismus beschützen, wobei man sich dadurch allerdings wiederum zur „Schutzmacht“ vermeintlich unterlegener und „schwacher“ Kulturen aufschwingt, was in absurder Weise die Erzählung des Kolonialismus fortschreibt, auch wenn natürlich dieser Kultur-Protektionismus diesmal ein total gutgemeinter Protektionismus sein soll.
Im Falle des rechtsradikalen Ethnopluralismus hingegen geht es vor allem um den Schutz der eigenen, vermeintlich überlegenen Kultur, was eher nationalistische Narrative fortschreibt.
Lustigerweise könnte man „Star Trek“, wo auf den meisten Planeten die autochthone Bevölkerung quasi unter sich bleibt (Vulkanier auf Vulkan, Klingonen auf Klingon, etc.) als Umsetzung ethnopluralistischer Modelle sehen, obwohl es doch als eine Art liberale, positive Zukunftsvision gedacht war, während „Star Wars“ mit seinem Mix von verschiedensten Wesen eher als multikulturell einordnen ließe.
Letzten Endes sind die Begriffe allerdings egal. Entscheidend ist, ob man kulturelle Vielfalt möchte, oder eher von einer Einheitsgesellschaft träumt, und ob man Kulturen zugestehen will, ihre kulturelle Identität durch aktive Bewahrung von Eigenheiten, bis zur Ablehnung der Übernahme von Eingeschaften anderer Kulturen, zu behaupten.
Wenn man die Vielfalt bewahren will muss man allerdings bayrischen Trachtenvereinen und friesischen Volkstanzgruppen das gleiche Recht zur Verteidigung kultureller Eigenheiten zusprechen wie Rastas oder orthodoxen Juden.
Wenn man die Vielfalt nicht unbedingt bewahrenswert findet, braucht man gar nichts zu tun. Denn Kulturen haben sich schon immer vermischt, und es haben sich auch immer schon neue Kulturen und Subkulturen gebildet. Dann ist es auch egal, ob sich links- und rechtsradikale über die richtige Begründung für kulturelle Abschottung streiten und das dann Ethnopluralismus oder Multikulturalismus nennen.