Feminismus absurd: Der Kampf für und gegen das grammatikalische Geschlecht

In den letzten Tagen ist mir auf Twitter wieder mal aufgefallen, wie absurd die aktuelle x-te Welle des Feminismus ist.

Eine fixe Idee des aktuellen Feminismus ist, dass die Sprache die Wahrnehmung präge und Stereotypen erzeuge oder verfestige.
Wenn ein Arzt jemanden behandle, dann denke jeder an einen Mann, dadurch würden weibliche Ärzte unsichtbar gemacht und Geschlechterstereotypen verfestigt. Die Sprache sei also ein Unterdrückungsinstrument des Patriarchats[tm], weil im Deutschen ((wie in den indogermanischen Sprache allgemein)) das Maskulinum genutzt wird, wenn z.B. Rollenbezeichnungen genutzt werden, wie z.B. Arzt.

Allerdings halte ich diese Idee von der Macht der Sprache über unsere Vorstellungen für Unsinn. Wenn die Erzieher streiken oder die Grundschullehrer protestieren, dann weiß jeder, dass es hier vor allem um Frauen geht. Denn das Stereotyp von „Erzieher“ oder „Grundschullehrer“ beinhaltet, dass es sich um Frauen handelt.

Dennoch sind FeministInnen immer ganz begeistert vom „gender-neutralen“ Englischen. Weil es dort keine geschlechtsspezifischen Artikel oder Deklinationen gibt, und man nicht sagen kann, ob es sich um Frau oder Mann handelt, wenn von „the teacher“ die Rede ist.
Allerdings hilft das überhaupt nichts, denn bei „nursery school teacher“ denkt man dennoch eher an eine Frau, bei „database administrator“ dennoch eher an einen Mann.

Die vermeintliche Macht der Sprache verpufft also an der Realität unserer vor allem durch unsere eigenen Erfahrungen geprägten Vorstellungen.
Die Überwindung der Realität durch Sprache funktioniert also gar nicht. Die Vertreter dieser Idee verkaufen eine Illusion. Sie sind Möchtegern-Zauberer, die an die Macht von Worten glauben, die doch nichts sind als Gebrabbel, das nur bei einem Publikum Eindruck schindet, das sowieso an diese „Magie“ glauben will.

Absurd finde ich in diesem Zusammenhang, dass der Feminismus das sogenannte „generische Maskulinum“ im Deutschen bekämpft, aber das „geschlechtslose Englisch“ verherrlicht.

Denn im modernen English hat allein die „a-stem declension“ überlebt, also eine maskuline Deklination.
Man erkennt auch an den wenigen Worten, die noch eine explizit weibliche Form haben, wie z.B. „actor“ (actress), dass die vermeintlich geschlechtsneutrale Form in Wahrheit eine männliche Form ist.

Durch das „Framing“ der auch im deutschen eigentlich geschlechtsneutralen männlichen Form als vermeintlich explizit männlichen „generischen Maskulinums“ und das Bestehen auf „Sichtbar-Machen“ von Frauen hat der deutsche Feminismus den Weg zu einer geschlechtsneutralen Sprache ohne Gender-spezifische Deklinationen selbst verbaut.

Und als ob das noch nicht absurd genug wäre, gibt es neben den Fans des „geschlechtsneutralen Englischen“ eine weitere Gruppe von Feministen, die weitere Deklinationen, Pronomen und Artikel einführen wollen, um neben den „Gendern“ für die biologischen Geschlechter noch weitere einzuführen für alle, die Geschlecht für irrelevant/konstruiert halten, für alle, die an mehr als zwei Geschlechter glauben, für alle, die sich im „binären Geschlechtersystem“ nicht wiederfinden mögen, etc.. Hinzu kommen dann die, die den Weg zu einer geschlechtsneutralen Form wiedereröffnen wollen durch alberne Kunst-Deklinationen wie Feministx, Feministixs etc..

Das heißt: Die Gruppe der „Sprachmagier-Feministen“ will das Geschlecht aus der Sprache tilgen — wird aber leider durch die selbst-geschaffene Vorstellung vom bösen generischen Maskulinum daran gehindert; und die Gruppe der intersektionalen Feminist_*Innen will die sprachlichen Möglichkeiten der Unterscheidung von Geschlechteridentitäten noch weiter ausbauen, also in die entgegengesetzte Richtung gehen.

Beide Gruppen stehen sich dabei sowohl gegenseitig als auch selbst im Weg, weswegen „das Patriarchat“ wahrscheinlich jeden Abend mit einem Lächeln auf den Lippen ins Bett geht angesichts der Selbstblockade des Feminismus beim Streit um den richtigen Weg, die letzten Endes sowieso wirkungslose „Sprachmagie“ endlich richtig einzusetzen.

Ein Gedanke zu „Feminismus absurd: Der Kampf für und gegen das grammatikalische Geschlecht

  1. Pingback: JAWO am Mittwoch – KW 19/2016 – Zensur - NICHT-Feminist

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