GNTM-Finale-Bombendrohung — Feministischer Terror?

Aufgrund einer Bombendrohung durch eine Frau musste gestern die Sendung „Germany’s Next Top Model“ abgebrochen werden.

Ich schreibe diesen Artikel in der Annahme, dass sich herausstellen wird, dass diese Person gemeint hat, die Finalsendung aufgrund ihrer „Frauenfeindlichkeit“ verhindern zu müssen. Dass diese Annahme falsch sein könnte ist natürlich möglich; ich halte das aber für unwahrscheinlich.

Möglicherweise wurde die Täterin aufgehetzt durch eine Flut sich feministisch gebender Artikel, die die doch eher harmlose Model-Casting-Show in die Nähe einer Menschenrechtsverletzung rücken wollen, die andeuten, GNTM verursache Magersucht, und die jungen Frauen die Fähigkeit absprechen, sich selbst-bestimmt dafür zu entscheiden, bei GNTM teilzunehmen.

Aus der Sicht dieser „Opfer-Feministinnen“ sind junge Frauen nämlich gar nicht fähig, wirklich frei zu entscheiden bei GNTM teilzunehmen. Vielmehr werden sie vom bösen Fernsehen und dem Patriarchat manipuliert, teilnehmen zu wollen, und sind also ((so wie auch alle SexdienstleiterInnen und alle Frauen, die ihrer feministischen Ideologie-Variante nicht folgen wollen)) (quasi gehirngewaschene) Opfer der cis-heterosexistischen Gesellschaft, die Frauen in die Rolle „unterwürfige Modepuppe“ hineindrängt.
Denn diese feministischen Kritik-Autorinnen selbst (siehe wiederum hier) sind nicht einmal in der Lage, genug Selbstkontrolle aufzubieten um davon abzulassen, diese schlimm frauenfeindliche Sendung, die sie zutiefst verachten, jedes Jahr wieder komplett anzuschauen. Und sie schließen anscheinend von sich auf andere.

Allerdings ist an dieser Opfer-feministischen Propaganda ungefähr alles falsch.

Denn Magersucht entsteht im allgemeinen durch mehrere Faktoren, und wenn sie durch ein gestörtes Körperbild verursacht wird, dann doch eher durch die unrealistischen, Photoshop-bearbeiteten Bilder in Magazinen, mit um 15% verlängerten Beinen, vergrößerten Brüsten, retouchierter Haut etc., als durch digital in dieser Hinsicht unbearbeitet gezeigte Kandidatinnen in einer TV-Show. Es könnte auch gut sein, dass die vom Genderfeminismus betriebene Ablehung der Frauenrolle oder die vom Feminismus begrüßte Verbreitung der Alleinerziehung ausschlaggebende auslösende Faktoren für Magersucht sind. Der Magersucht-Vorwurf ist also vollkommen spekulativ.

Und natürlich können Frauen Eigen-Verantwortung übernehmen und selbst-bestimmt handeln. Vielleicht nicht die, die es nicht schaffen, ihren Fernseher auszuschalten; aber das bedeutet nicht, dass die Kandidatinnen von GNTM nicht mit Begeisterung und aus freien Stücken an der Sendung teilnehmen (können).
Ich schrieb ja bereits, dass ich die Darstellung von Models als „fremdbestimmte strunzdumme Kleiderständer“ für „sexistische Kackscheiße“ ((Entschuldigen Sie das sprachliche Niveau; es handelt sich hier um einen gängigen Netz-Feministinnen-Ausdruck)) halte.
Tatsächlich zeigt die ständige Kritik an GNTM, die die Teilnehmerinnen stets von Kritik ausspart und als Opfer darstellt, wie wenig Selbstbestimmung gerade Feministinnen jungen Frauen zutrauen. Das ist doch als feministische Position völlig absurd!
Ist es so schwierig zu begreifen, dass eine Freiheit, die nicht missbraucht werden kann, keine richtige Freiheit ist? Sich „falsch“ entscheiden zu können ist integraler Bestandteil von Wahlfreiheit. Ein Feminismus, der tatsächlich an starken, autonomen, eigenverantwortlichen Frauen interessiert ist, müsste die Wahlfreiheit aller Frauen verteidigen, anstatt manchen Frauen zu unterstellen, sie wären gar nicht in der Lage, eigenverantwortlich und für sich richtig zu entscheiden. Eigen-Verantwortung bedeutet, die Folgen seines Handelns zu verantworten, dafür geradezustehen. Wer bei GNTM mitmacht, der wird ggf. im Fernsehen vorgeführt; wer Ökotrophologie studiert, wird sicher nicht in einen Dax-Vorstand kommen. Und wer eine Bombendrohung gegen GNTM ausspricht, und wahrscheinlich zu blöd ist, dabei anonym zu bleiben, der muss die Verantwortung für die Räumung einer Halle mit zigtausenden Zuschauern übernehmen, auch finanziell. Die Bomben-Droherin kann also schon mal Privatinsolenz anmelden. Und das ist auch gut so, denn:

Natürlich ist GNTM kein Sklavinnen-Markt und keine Menschenrechtsverletzung, die aufzuhalten einen Bombenanschlag oder eine Bombendrohung rechtfertigen würde. Dass es soweit gekommen ist, dass das nicht mehr Konsens zu sein scheint, müssen sich die fleißigen ArtikelschreiberInnen anlasten lassen, die die vielen „gut gemeinten“ GNTM-Kritiken geschrieben und so den Boden für diese Art von Fanatismus bereitet haben.