Mannsein für Anfänger – Abenteuer mit Männerrechtlern

Zur Sendung von Mithu Sanyal auf SWR2 am heutigen Sonntag, den zweiten Februar 2020 um 14:05 möchte ich ein paar Dinge anmerken:

1. An mehreren Stellen spricht die Autorin von „Maskulinisten“ und tut so, als wären die Begriffe „Männerrechtler“, „Maskulist“ und „Maskulinist“ gleichbedeutend.
Da die Begriffe z.B. in der Wikipedia strikt unterschieden werden und „Maskulinismus“ explizit für Vertreter einer Ideologie männlicher Überlegenheit steht, muss man sich fragen, ob die Autorin nicht richtig recherchiert hat, oder ob sie absichtlich alle Männerrechtler und auch z.B. die sogenannten „Weltraumaffen“ in einen Topf mit „Männlichen-Überlegenheits-Ideologen“ werfen wollte. Beides wäre irgendwie enttäuschend. Aber als Männerrechtler ist man ja Kummer und die Qualität staatlich geförderten Journalismus‘ gewohnt. ((Sarkasmus!!))

2. An einer Stelle kommt der Gender-Forscher Andreas Hechler zu Wort. Er sagt unter anderem

Männer haben in unserer Gesellschaft Nachteile, sie sind aber nicht benachteiligt.“

oder

Also es gibt Nachteile, aber es gibt auch ganz erhebliche Vorteile und Privilegien und das kommt da [bei den Männerrechtlern] nicht mehr vor.

Das ist insofern interessant, als dass hier mit zweierlei Maß gemessen zu werden scheint. Warum sollten Männerrechtler „Frauen mitdenken“ bzw. „vorkommen lassen“, wenn doch umgekehrt Feministinnen so gut wie nie auf irgendwelche Probleme von Männern eingehen? Im Gegenteil, wenn Männer Ansprüche anmelden oder auch nur fragen, wie man ggf. mit (gleichwertigen oder gravierenderen) Problemen von Männern umzugehen gedenke, werden diese Frage mit Sprüchen von „Male tears“, von „Fragiler Männlichkeit“, mit der Anschuldigung des „Whataboutism“ und zahlreichen aggressiven anderen rhetorischen Techniken abgebügelt und z.B. als „Derailing“ delegitimiert.

Warum genau sollten Männerrechtler sich nicht nur für Männerrechte einsetzen, wenn Feministinnen das vollkommen unangefochten tun dürfen?
Hat da der Genderforscher Hechler sexistische Stereotypen im Hinterkopf die ihm einflüstern, es könne doch nicht sein, dass sich Männer für eigene Interessen einsetzen, ohne Frauen und Kindern den Vortritt zu lassen? So wie (der Legende nach) Männer früher heldisch zu ertrinken hatten, wenn in den Rettungsbooten nur Platz für Frauen und Kinder war?
Hier hätte ich mir gewünscht, dass hinterfragt würde, warum es denn illegitim sein solle, wenn Männer sich nur für ihre eigene Gruppe und ihre Interessen einsetzen, obwohl Frauen das seit 100 Jahren tun. Wo ist da die kritische Distanz?
Mir scheint es wirklich so, als wäre auch in den Hirnen der wokesten Genderwissenschaftler die Vorstellung vorherrschend, Männer müssten einen wohlwollenden Paternalismus leben, aufgrund dessen Männer immer auch für das Wohl von Frauen verantwortlich seien, Frauen aber für eher wenig, im Zweifel noch nicht mal für ihre eigenen Straftaten (Gender Jail Gap). (Männerrechtler sprechen auch manchmal von „Femaly Hypoagency“)

3. Gleich nach diesem Abschnitt mit Andreas Hechler kommt folgender Teil von Mithu Sanyal:

Zum Beispiel: Männer sind in Politik, Wirtschaft und Medien deutlich besser repräsentiert als Frauen. Das geht so weit, dass im Fernsehen auf jede Frau zwei Männer kommen, es sei denn, sie ist über 50, dann kommen auf sie dreimal so viele Männer.

Warum fällt Frau Sanyal nicht auf, wie sie hier auf den „Trugschluss der Komposition“ hereinfällt, also auf den Irrtum, aus der Betrachtung der Spitze der Gesellschaft könne man darauf schießen, dass in der gesamten Gesellschaft Männer mehr Macht und die besseren Rollen bzw. Posten hätten?
Warum sollte der Anteil von Männern in den Spitzenpositionen von Politik, Wirtschaft und Medien etwas über die Männer als Gesamtheit aussagen? Was nutzt es dem männlichen Individuum, wenn andere Männer „ungerechtfertigt erfolgreich“ sind?
Sie tut hier genau das, was Andreas Hechler den Männerrechtlern vorwirft, nämlich einseitig nur entweder Vorteile oder Nachteile aufzuzählen. Dass Männer auch die erdrückende Mehrzahl der Paketboten und Obdachlosen und Opfer von Gewalttaten stellen wäre eine wichtige Information gewesen, um das scheinbare männliche Privileg, häufiger im Fernsehen zu erscheinen und Spitzenpositionen in der Wirtschaft zu besetzen — das nur ganz ganz wenige Männer genießen — wieder zu relativieren.

Man muss wohl davon ausgehen, dass Frau Sanyal bei der Endredaktion Ihres Beitrags auf Unterstützung durch Nicht-Feministen verzichtet hat. Das ist schade, denn sonst hätte der Beitrag, der sich in großen Teilen wohltuend von der üblichen radikalfeministischen männerfeindlichen Hetze absetzt, noch reflektierter und handwerklich besser werden können.
So müssen wir wohl noch etwas länger auf einen geschlechterpolitischen Beitrag ohne feministische Schlagseite im ÖRR warten.


Was mir noch aufgefallen ist beim x-ten Lesen des Transkripts; folgender Part ist fast etwas goldig… die Autorin/Feministin (Jahrgang 1971) ist verunsichert, und braucht einen White Knight, der ihre feministische Überzeugung wieder bestärkt. (Mit illegitimen Vorwürfen gegen Männerrechtler, wie oben ausgeführt.)

Autorin: (…) Doch, um ganz ehrlich zu sein, bin ich inzwischen so verunsichert, dass ich Hilfe brauche. Vielleicht gehe ich ja den Männerrechtlern auf den Leim. Ich finde diese Hilfe bei Andreas Hechler, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Bildungsreferent des Forschungsinstituts Dissens, das patriarchatskritische Jungen- und Männerarbeit macht.