Enno Park, radikaler Feminismus und „weibliche Unterverantwortlichkeit“

Enno Park hat auf Twitter einen Thread geschrieben, in dem er dafür argumentiert, dass unverpartnerte Männer weiterhin nicht automatisch das Sorgerecht für ihr Kind bekommen sollten.

Das Szenario ist, dass eine Frau freiwillig mit einem Mann geschlafen und nicht verhütet hat. Sie bekommt ein Kind, und dann stellt sie fest, dass sie nicht mit dem Vater zurecht kommt.

Ein automatisches geteiltes Sorgerecht würde ihr nun die Möglichkeit nehmen, den Vater des Kindes einfach zu „entsorgen“, nämlich den Kontakt abzubrechen und wegzuziehen und das Kind ohne Vater aufwachsen zu lassen:

Bild von einem Thread von Enno Park

Nun hat ein Kind immer zwei Eltern, und jedes Kind sollte meiner Meinung nach das Recht haben, mit beiden Eltern Kontakt zu haben und über das Zusammenleben mit den Eltern zu erfahren, wo es herkommt, wer es ist, und woher es ggf. auch bestimmte Eigenheiten hat.

Das ist Herrn Park aber egal, denn anscheinend denkt er feministisch, und wenn man feministisch denkt, sieht man überall nur noch „Machtstrukturen“, so wie man sprichwörtlich überall Nägel sieht, wenn man einen Hammer hat. Wenn man feministisch denkt, ist folglich das Kindeswohl egal, und nur die Interessen der Mutter sind relevant. Wichtig ist vor allem, dass Frauen alle Macht haben, und Männer möglichst gar keine, erst recht, wenn man sie zu „Spermagebern“ umgeframed hat.

Dieses Framing eines Mannes zum „Spermageber“ ist einigermaßen männerverachtend, denn es reduziert den Mann auf seine biologische Funktion. Dieses Framing dient dazu, die „Mutter“ ganz im Sinne traditioneller Weiblichkeitsvorstellungen als einzig wahre und „natürliche“ Bezugsperson eines Kindes zu framen. Die Mutter ist also wichtig und hat einen Anspruch auf das Kind — weil sie am meisten „daran gearbeitet“ hat?
Der Vater hingegen ist nur „Spermageber“, hat nichts geleistet, und darum auch keinen Anspruch auf Kontakt oder irgendwas. Das ist der Frame, den Enno Park hier aufspannt. Ein kaltherziger Frame, der Männern jegliche emotionale Bindung zu ihrem Kind abspricht oder diese als irrelevant abtut, ein biologistischer Frame, der den „Reproduktionsaufwand“ der Partner gegeneinander aufrechnet, und ein traditionell-rückschrittlicher Frame, der die Wichtigkeit der „Mutter“ mit naturrechtlichen Argumenten begründet und die Unwichtigkeit des Vaters entgegen aktueller Erkenntnisse als gegeben annimmt, obwohl die Mutter für einen Säugling dank der modernen Medizin und Milchersatz aktuell nach der 30ten Schwangerschaftswoche durchaus verzichtbar ist; man entschuldige den Zynismus.

Wie man sich als angeblich progressiver Feminist veranlasst sehen kann, so einen absurden Frame aufzubauen, ist mir schleierhaft.
Es scheint so, als würde man sich ziemlich schnell verrennen, wenn man alles nur unter dem Aspekt betrachtet, irgendwo könnten Männer Macht über Frauen haben und dies sei um jeden Preis zu verhindern.

Bei einer einigermaßen rationalen Betrachtung müsste man aber doch auch als Feminist davon ausgehen, dass Frauen vernunftbegabte Wesen sind, die Verantwortung für ihre Entscheidungen tragen können und müssen.
Wenn eine Frau also freiwillig Sex hat und bewusst nicht verhütet, dann sollte man doch auch als Feminist voraussetzen, dass sie die Konsequenzen dieser Entscheidung kennt und trägt.

Und hier sehe ich ein Grundproblem des aktuellen (radikalen) Feminismus, nämlich die ungleiche Zuweisung von Verantwortung.

Angenommen ein Mann und eine Frau haben Sex, es entsteht ein Kind. Dann soll laut „Feminismus“ nach Art von Enno Park und Antje Schrupp der Mann keine Rechte bekommen, aber Unterhalt zahlen, und die Frau alle Rechte bekommen, inklusive des Rechtes, über das Kind zu verfügen, diesem den Kontakt zum Vater zu verwehren und sich faktisch vom Mann aushalten zu lassen. Der „Spermageber“ trägt also die volle Verantwortung für seinen „geringen Beitrag“ zum Kind und soll alle Pflichten, aber keine Rechte bekommen, die „Mutter“ hingegen bekommt alle Rechte, und nur die Pflichten, die sie sich aufgrund ihrer „Mutterinstinkte“ selbst auferlegt (sie kann das Kind natürlich auch in eine Babyklappe werfen oder ab einem Alter von ca. 18 Monaten in die staatlich garantierte Ganztagesbetreuung stecken).

Diese geschlechtsabhängig unterschiedlich starke Zuweisung von Verantwortung wird von einigen Männerrechtlern „female hypoagency“ genannt, grob übersetzt weibliche Unter-Verantwortlichkeit, und oft auch als Grund vermutet, warum weibliche Verbrecher geringere Stragen erhalten als männliche; eine Frau ist einfach weniger dafür verantwortlich, was sie tut, weil sie eine Frau ist. Es handelt sich um eine Art paternalistischen „positiven“ Seximus‘, der Frauen letzten Endes nicht als vollständig ernstzunehmende Menschen sieht, die die volle Verantwortung für ihre Entscheidungen tragen können, sondern weiterhin als (auch geistig) schwache Wesen, denen man nicht einmal die volle Verantwortung für das eigene Handeln zumuten kann. Das hat mit Gleichberechtigung natürlich nichts mehr zu tun.

Und das ist der Grund, warum Feminismus von Männer, aber auch von Frauen, eher als Ideologie zur Bevorteilung von Frauen gesehen wird als als Ansatz zur Herstellung von Gleichberechtigung. Denn wenn es darum geht, Verantwortung zu übernehmen und Rechte und Pflichten gleich zu verteilen, verwandeln sich männliche und weibliche angebliche Feministen reihenweise in „weiße Ritter“, die für Frauen nur Vorteile und Privilegien wollen, und alle negativen Konsequenzen und alle Verantwortung vorzugsweise den Männern aufbürden wollen.

Wahrer Feminismus im Sinne von Gleichberechtigung und „Gleichverantwortung“ wäre es meiner Meinung nach, wenn man Frauen, die mit „dem falschen“ Mann ein Kind bekommen haben, einfach raten würde, beim nächsten Kind den Vater besser auszusuchen, und die Verantwortung für ihre schlechte Wahl zu tragen, bis das Kind 18 ist.