Freies Mandat und Vollprogramm

Menschen wählen Parteien, weil sie sich von diesen Parteien eine bestimmte Politik erhoffen.
Welche Politik dies ist, wird durch das Parteiprogramm der Partei bestimmt.

Nun sind die Piraten eine Partei, die für das „Freie Mandat“ eintritt, also dafür, dass Abgeordnete nur ihrem Gewissen verpflichtet sein sollen.
Das bedeutet: Abgeordnete sollten sich nicht der Parteimeinung bzw. der Fraktionsdisziplin unterwerfen, sondern ihren eigenen Kopf haben.

Das Problem daran ist, dass die Wähler sich auf deutsch gesagt verarscht fühlen (werden), wenn Abgeordnete einer Partei, die sie gewählt haben, nicht so stimmen, wie es im Wahlkampf versprochen wurde.

Je mehr also im Wahlkampf an Positionierung versprochen wurde, desto wahrscheinlicher ist es also für eine Partei, die für das „Freie Mandat“ eintritt, dass ihre Abgeordneten gegen das eigene Parteiprogramm stimmen.
Das bedeutet: Je umfangreicher das Parteiprogramm ist, desto häufiger wird es in den eigenen Fraktionen Stimmen gegen die Programmposition geben, desto häufiger werden Wähler enttäuscht sein, desto stärker leidet die Glaubwürdigkeit der Partei.

Und darum sind Vollprogramm und „Freies Mandat“ in der Praxis unvereinbar.

Die Piratenpartei muss sich darum entscheiden: Entweder ein schlankes Programm, dass sich auf die Kernthemen konzentriert und ansonsten bei anderen Themen die Abgeordneten frei entscheiden lässt, oder ein Vollprogramm und dazu eine eiserne Fraktionsdisziplin wie bei den Altparteien.

Ich bin für ein kompaktes Programm mit Kernthemen und das Freie Mandat. Das Vollprogramm, der Versuch, auf allen Politikfeldern alles abzudecken, ist ein Irrweg, ein Holzweg, auf den uns die Altparteien und die mit diesen verbundenen Journalisten locken wollen.
Wir müssen den Mut haben zu sagen, dass wir unseren Abgeordneten bei allen Themen, die wir nicht in unserem Programm abdecken, die freie Wahl lassen werden, wie sie stimmen. Wir müssen den Mut zur programmatischen Lücken haben und darauf vertrauen, dass unsere Themen genug Menschen bewegen können, um politisch erfolgreich zu sein. Ein Vollprogramm würde bedeuten, auf fast allen Politikfeldern personell und von der Kompetenz her unterlegen zu sein. Gewählt werden werden wir aber nur, wenn wir Menschen überzeugen. Und das können wir nur, wenn wir nur zu den Schlachten antreten, wo wir überzeugen und gewinnen können, also in den Politikfeldern, wo wir überlegen Kompetenz haben. Darum ist die Kombination Kernthemen und freies Mandat für mich für die Piratenpartei „alternativlos“.