Das alternative Genderfeminismus 101 – Teil 2: Der Genderfeminismus und die „Verschwörung des Patriarchats“

Im ersten Teil des alternativen Genderfeminismus 101 habe ich erläutert, dass die Grundlage des Genderfeminismus das Dogma bzw. die Annahme ist, dass das Verhalten von Menschen nicht durch das biologische Geschlecht vorgegeben oder maßgeblich geprägt wird.
Darum deutet der Genderfeminismus die Tatsache, dass überhaupt so etwas wie „Gender“, also geschlechtsspezifisches Rollenverhalten beobachtbar ist, als einen Beweis für eine Beeinflussung der Menschen durch ihre Umwelt, die erst zur Ausbildung von geschlechtsspezifischem Verhalten führt.

Der Genderfeminismus muss zum Beweis dieses Erklärungsmodells für die Geschlechterunterschiede darum einen Mechanismus aufzeigen, der die gleichen Effekte zeigt wie die tatsächliche pränatal erfolgende Prägung der Geschlechterunterschiede, aber nichts mit Biologie zu tun hat.
Und ähnlich wie die Kreationisten als Antithese zur Evolutionstheorie das „Erklärungsmodell“ des „intelligent design“ erdacht haben, mit einem Schöpfer, der vor einigen tausend Jahren die ganze Erde inklusive aller dann nur scheinbar Millionen Jahre alten biologischen und geologischen und astronomischen Fakten geschaffen hat ((aber irgendwie vergessen hat, die Ausgänge unserer Nebenhöhlen dem aufrechten Gang anzupassen – von wegen „intelligent design“!)), haben die GenderfeministInnen das „Patriarchat“ erdacht, das die Geschlechterunterschiede vor tausenden von Jahren irgendwie geschaffen hat, und das den Menschen die Geschlechterrollen irgendwie so lang und intensiv antrainiert hat, dass sie sich durch sogenannte soziale Tradierung nun von selbst von Generation zu Generation weitervererben.

Man muss sich diese soziale Tradierung anscheinend als Auswirkung einer Ansammlung extrem kraftvoller Meme vorstellen. Allein das Vor- bzw. Erleben der Geschlechterrollen soll laut Genderfeminismus eine so starke, unterbewusst konditionierende Wirkung haben, dass dadurch die Geschlechterrollen übernommen und weitertradiert werden. Es ist natürlich absurd, dass dieser Mechanismus schon bei Kleinstkindern wirken soll, die sich teilweise ihres Geschlechts überhaupt nicht bewusst sind; und wie gesagt haben Versuche längst gezeigt, dass die Geschlechterunterschiede schon bei Neugeborenen ausgeprägt sind und daher nicht „sozial konditioniert“ sein können. Aber mit solchen Argumenten erreicht mant Genderfeministen grundsätzlich nicht, denn sie bestehen auf ihren Dogmen.

Dieses zu den offensichtlichsten Fakten geschickt parallel konstruierte Erklärungmodell für die Geschlechterunterschiede ist meiner Ansicht nach ebenso abenteuerlich wie hochgradig unwissenschaftlich, aber es hat für den Genderfeminismus verschiedene attraktive Aspekte: Erstens kann das Modell nicht widerlegt werden, weil die Fakten, die das Modell widerlegen, nämlich die Existenz der neurobiologischen Prägung der Geschlechterunterschiede, per Dogma ignoriert werden; weswegen es sich im übrigens bei diesem Modell nicht um eine Theorie, sondern um eine Ideologie handelt.
Zweitens handelt es sich um ein Modell, das die komplexe Materie der auf Biochemie und Neurobiologie basierenden psychosozialen Geschlechterunterschiede durch den einfach Mechanismus von Vorleben – Nachahmen ersetzt und damit eine einfache Erklärung für einen komplexen, anscheinend von manchen als dunkle Bedrohung empfundenen Zusammenhang bietet. Drittens bietet das Modell einen Ausweg aus der als unerträglich empfundenen Situation an, in der sich die GenderfeministInnen wähnen (die Herrschaft des Patriarchats). Denn den Mechanismus von Vorleben-Nachahmen könnte man unterbrechen. Auf neurobiologischen Fakten basierende Geschlechterunterschiede würden hingegen bedeuten, dass der Kampf gegen diese absolut aussichtslos wäre.

Wie das Patriarchat entstanden sein soll, wie die Geschlechterrollen initial antrainiert worden sein sollen, entzieht sich (leider!) jeglicher Klärung, da die Entstehung „des Patriarchats“ in einer nicht einmal grob eingegrenzten vorgeschichtlichen Zeit stattgefunden haben soll. Außerdem ignoriert man das Problem des „Tradierungsbeginns“ großzügig, weil man sich aufgrund des hartnäckigen Weiterbestehens der Geschlechterunterschiede sicher wähnt, die „soziale Tradierung“ müsse existieren und darum auch irgendwann begonnen worden sein.
Wenn man tatsächlich nachforschte, wie ein Patriarchat entstanden sein sollte, würde man irgendwann auf die sicher nicht sozial tradierten, biologischen Geschlechterunterschiede bei Primaten und Halbaffen und allerlei weitere Erklärungsprobleme stoßen – und das möchte man natürlich nicht. Darum tut man es den Kreationisten gleich, behauptet, dass vor tausenden Jahren irgendwie irgendwas enstanden sei, und glaubt fortan fest an diese Legende, weil sie ja wegen des Gleichheits-Dogmas wahr sein muss.

Doch bevor ich später dazu komme, warum die Frauenquote für Genderfeministinnen der heilige Gral zur Überwindung des Patriarchats ist, möchte ich noch einmal auf die zweite Annahme des Genderfeminismus eingehen, nämlich auf die Überzeugung, Frauen bekämen eine Rolle aufgezwungen und diese sei geschaffen, Frauen zu benachteiligen und zu unterdrücken. Warum glauben Menschen so etwas, obwohl Frauen heute tatsächlich alles werden können, gleiche Rechte besitzen, die Mehrheit der Wähler stellen, Kanzlerin sind, et cetera?

Kurz gesagt: Ich kann mir das nicht erklären und ich denke, die meisten Menschen auch nicht. Ich vermute aber, dass das Modell einer Frauen und andere Minderheiten unterdrückenden, feindlichen Umwelt für Individuen attraktiv ist, die individuelle, negative, als demütigend empfundene Erfahrungen nicht verarbeiten konnten. Ich vermute, es ist psychisch sehr entlastend, wenn eine schlimme Erfahrung plötzlich durch die feindliche Umwelt, bzw. „das Patriarchat“ erklärt werden kann, und nicht mehr als Folge eines unglücklichen Zufalls oder individueller Unfähigkeit eingeordnet werden muss. Denn der Glaube, die Quelle des Unglück identifiziert zu haben vermittelt ein Gefühl von Kontrolle; keinen Grund für das eigene Schicksal erkennen zu können würde bedeuten, auch dem Eintritt eines weiteren Unglücks hilfslos und ohne es voraussehen zu können ausgeliefert zu sein. Sich selbst die Schuld für das eigene Unglück geben zu müssen wäre für manche sogar noch belastender.

Aber was die weibliche Rolle und deren angeblich unterdrückerischen Charakter angeht: für den größten Teil der Vergangenheit ist die Quellenlage zur Stellung der Frau (im Alltag) eher dürftig. Dennoch glaubt der Genderfeminismus daran, dass sich aus einer vermeintlichen, aber für den größten Teil der Vergangenheit nicht belegbaren Historie der Unterdrückung der Frau die notwendige Existenz des (fiktiven) Unterdrückungssystems namens „Patriarchat“ ableiten lasse. Tatsächlich als „ungerecht“ belegen lässt sich aber nur wenig, zum Beispiel, dass zwischen 1848 und 1918 Männer zum Teil bereits wählen dürften, als Frauen das noch nicht durften, wobei das Wahlrecht allerdings häufig nur ein „Drei-Klassen-Wahlrecht“ und jedenfalls nicht mit dem heutigen allgemeinen und gleichen Wahlrecht identisch war. Davor waren eigentlich alle Menschen weitgehend rechtlos der Willkür der jeweils Herrschenden ausgesetzt, Gewaltenteilung und Rechtsstaat waren unbekannt; in Hexen-Prozessen wurden zwar weniger Männer verfolgt als Frauen, dafür aber in Ketzereiprozessen mehr. Wer im Alltag welche Entscheidungs- und Entwicklungsmöglichkeiten gehabt haben mag wissen wir nicht, schriftliche Aufzeichnungen über das Leben einfacher Leute gibt es kaum, oder sie wurden zumindest nicht mit dem Ziel geschrieben, der Nachwelt soziologische Forschung zu ermöglichen. Es gibt allerdings auch aus allen Zeiten Überlieferungen über Herrscherinnen, was für mich bedeutet, dass wie auch heute schon in der Vergangenheit individuelle Fähigkeiten, Charisma, Familie bzw. persönliches Netzwerk wichtiger für die jeweilige Stellung in der Gesellschaft gewesen sind als das Geschlecht.

Ich jedenfalls glaube nicht, dass Frauen in früheren Zeiten grundsätzlich unterdrückt oder an der Entfaltung ihrer Fähigkeiten gehindert worden sein können. Denn in diesen Zeiten hätte man es sich meiner Ansicht nach nicht leisten können, Fähigkeiten ungenutzt zu lassen oder die Leistungsfähigkeit von Mitgliedern der eigenen Gruppe wegen Nichtigkeiten zu gefährden. Gesellschaftssysteme, die Frauen sinnlos unterdrückt oder geschädigt und deren Möglichkeiten ungenutzt gelassen hätten, wären immer von liberaleren und darum leistungsfähigeren Gesellschaften verdrängt worden. Man sieht ja auch heute, wie Länder, in denen das Potenzial von Frauen am wenigsten genutzt wird und in denen blödsinnige religiöse Regeln die Gesellschaft lähmen, wirtschaftlich und kulturell kein Bein auf den Boden bekommen, sofern sie nicht zufällig von der Substanz ihres Rohstoffreichtums zehren können. Und ich sehe keinen Grund, warum in der Vergangenheit irre, frauenunterdrückende Gesellschaftssysteme im Kampf der Kulturen besser hätten dastehen sollen. Darum ist die Legende über die Entstehung des Patriarchats meiner Meinung nach genau das: Nämlich eine Legende, und noch dazu eine überaus unrealistisch konstruierte. Die dennoch geglaubt wird, meiner Meinung nach allerdings nur von Menschen, die sowieso nur nach weiterer Bestätigung ihrer bereits vorgefassten Meinung suchen.

Aber wie dem auch sei: Trotz der vielen offensichtlichen Brüche zwischen dem genderfeministischem Welt-Modell und der Realität gibt es den Genderfeminismus. Wegen des Dogmas der Geschlechtergleichheit werden die Geschlechterunterschiede von dessen AnhängerInnen als Ergebnis von Manipulation interpretiert. Als Erklärungsmodell für die Geschlechterunterschiede wird die Aufzwingung dieser Rollen durch ein nebulöses „Patriarchat“ konstruiert, das wegen des Dogmas der Frauenbenachteiligung außerdem misogyn sein muss. Zum Glück für den Genderfeminismus ist es unmöglich, die Nicht-Existenz von etwas zu beweisen, so dass die These von der Existenz des Patriarchats nicht widerlegt werden kann.
Allerdings ist es ebenso unmöglich, ein nicht vorhandenes Patriarchat bei nicht stattfindenden misogynen Handlungen zu erwischen. Das sorgt bei Genderfeministinnen natürlich für kognitive Dissonanzen, die aufgelöst werden müssen. Und zwar anscheinend, indem die misogynen Handlungen ebenfalls konstruiert werden.

Jede Geste, jede Handlung, jeder Satz, alles kann, muss geradezu eine Unterdrückungs- und Konditionierungshandlung des Patriarchats sein. Denn dass die soziale Konditionierung und die Tradierung der Geschlechterrollen, deren Existenz der Genderfeminismus vorraussetzt, stattfinden, wird durch die Dogmen verausgesetzt. Also ist es nur logisch, dass diese Konditionierung immer und überall stattfindet – wie sonst sollte es möglich sein, dass die Geschlechterrollen sich so hartnäckig halten, auch gerade in besonders patriarchalen Gesellschaften, wo die Kindererziehung fast ausschließlich in Hand von Frauen liegt, die doch eigentlich Widerstand gegen ihre Unterdrückung leisten und ihre Kinder nicht patriarchal erziehen sollten?

Und deshalb glauben Genderfeministinnen in den USA auch daran, dass „Microaggressions“vom Patriarchat gezielt gegen Frauen gerichtet werden, um diese klein zu halten etc. pp.; wobei „Microaggressions“ an sich ganz offensichtlich keine völlig abwegige Theorie sind, aber eigentlich jeden treffen können, der in einer Gruppe als „Minderheit“ gesehen wird, was natürlich auch Männer sein könnten oder generell irgendwelche Menschen.
Aber da laut genderfeministischem Dogma die Frauen unterdrückt sein müssen, müssen sich natürlich auch „Microaggressions“ vor allem gegen Frauen richten. Obwohl auch Männer durchaus häufig Opfer aller denkbarer Formen von Gewalt werden.

Hier möchte ich kurz darauf eingehen, dass der Genderfeminismus einen weiteren Belohnungs-Aspekt für seine AnhängerInnen bereithält, nämlich die Selbstwahrnehmung, zu einer kleinen Elite Auserwählter zu gehören, die allein in der Lage ist, das wahre Wesen des Patriarchats und dessen Wirkmechanismen zu erkennen.
Ähnlich wie in „Matrix“ oder „Sie leben!“ sind diese GenderfeministInnen in ihrer Selbstwahrnehmung im Gegensatz zum Großteil der Bevölkerung in der Lage, zu erkennen, wie die Welt „wirklich funktioniert“. Während der Großteil der Menschen wie Schafe den kaum bemerkbaren Einflüsterungen des Patriarchats folgt und quasi per Gehirnwäsche in die Geschlechterrollen gedrängt wird [wobei die nicht-genderfeministischen Frauen zu hilflosen Marionetten und Sklavinnen des Patriarchats werden und dies in einem Zustand totaler Verblendung oftmals auch noch verteidigen!], können die HeldInnen des Genderfeminismus durch ihr Spezialwissen das unterschwellige Wirken der sozialen Konditionierung erkennen, so wie „Neo“ in „Matrix“ am Ende die Strukturen der Matrix hinter dem „Schleier der scheinbaren Realität“ erkennen kann — aus ihrer Sicht.
Auch das feministische Streben nach mehr „Awareness“ für alle möglichen Formen von Benachteiligung kann man meiner Meinung nach gut in den Kontext der Suche nach immer weiteren Manifestationen der unterschwelligen patriarchalen Gewaltherrschaft einordnen.

Doch so verlockend es auch sein mag zu den Wenigen zu gehören, die „die Welt tatsächlich so sehen, wie sie ist“ – auf Dauer ist es wohl schwer erträglich, in einer subjektiv dystopischen Welt gegen eine Übermacht vermeintlich gehirngewaschener Leute anzukämpfen, und bei jeder vermeintlichen Steigerung der eigenen „Awareness“ stets immer nur noch mehr Unterdrückung und Ungerechtigkeit zu finden.
Wenn man sich mal in die Rolle einer wirklich überzeugten Genderfeministin hereindenkt, die vielleicht auch noch daran glaubt, in einer „Rape Culture“ zu leben, tun mir diese Menschen wirklich leid.
Menschen, die aus irgendeinem Grund ein selbstbestimmtes, glückliches Leben eingetauscht haben gegen ein Leben in Angst vor einer imaginären, unsichtbaren, universellen Terrorherrschaft.

Der Genderfeminismus bietet also seinen AnhängerInnen einfache, scheinbar logische Erklärungen für die von ihnen subjektiv wahrgenommenen Ungerechtigkeiten.
Die Legende vom Patriarchat, die scheinbar aufgezwungenen Geschlechterrollen, die „einleuchtenden“ Dogmen – all das kann Menschen, die gerade auf der Suche nach Erklärungen oder Lösungen für die eigenen Probleme, in die Fänge des Genderfeminismus geraten lassen.
Erstmal angekommen in diesem geschlossenen Glaubenssystem, umgeben von anderen GenderfeministInnen, wird es zunehmend schwerer, sich aus dieser Ideologie wieder zu lösen, obwohl der Glaube an die Herrschaft des Patriarchats extrem unangenehm sein muss.

Der Genderfeminismus ist damit eine Art Sekte für, wenn wir es mal nett ausdrücken wollen, vorwiegend weibliche Menschen auf der Sinnsuche, bzw. weniger nett eine Verschwörungsideologie für völlig aus der Bahn geratene. Ideologie, weil er auf Dogmen aufgebaut ist, die nicht in Zweifel gezogen werden dürfen. Verschwörungsideologie, weil eine imaginäre dunkle Macht namens Patriarchat als Quelle einer angeblichen Verschwörung gegen alle Frauen vermutet wird, deren Existenz nicht bewiesen werden kann, von deren Existenz die AnhängerInnen aber fest überzeugt sind.

Glücklicherweise, und damit möchte ich diesen Artikel schließen, sind natürlich die allermeisten Menschen keine GenderfeministInnen, und auch die allermeisten FeminstInnen ((und nach der Definition des Differenz-Feminismus ist eigentlich jeder von uns, der kein Verfassungsfeind ist, Feminist)) nicht. Nur wenige Menschen können sich selbst so weit von der Realität lösen und sind gleichzeitig so intelligent, dass sie ein ebenso widersprüchliches wie komplexes Glaubenssystem wie den Genderfeminismus als „wahr“ annehmen können.

Gerade bei den „AnführerInnen“ des Genderfeminismus bin ich mir nicht einmal sicher, ob sie wirklich an ihre eigene Lehre glauben, oder ob sie lediglich die Vorteile genießen wollen die es mit sich bringt, AnführerIn zu sein, auf eine kleine Armee fanatischer Anhängerinnen zurückgreifen zu können, Aufmerksamkeit zu genießen und ggf. Frauenförderungsstöpfe plündern zu können.

Denn man sollte auch nicht vergessen, dass der Genderfeminismus Methoden des Poststrukturalismus anzuwenden versucht, der die Idee beinhaltet, über Sprache Einfluss auf die Wahrnehmung zu nehmen (Profx, Anstreicha, etc.). Außerdem hat er Elemente der Denkschule der sogenannten Postmoderne, die nicht an eine objektive Wahrheit glaubt, sondern an ein Nebeneinander verschiedener möglicher Wahrnehmungen der Realität (Relativismus).
Das bedeutet, der ganze Genderfeminismus könnte im Prinzip — wenn wir unsererseits mal an eine Verschwörung glauben wollen — Teil eines Versuchs sein, vermittels einer „alternativen Erzählung“ eine andere Sichtweise auf die Realität zu schaffen, um diese irgenwann als vorherrschende Sichtweise zu etablieren.
Allerdings glaube ich keine Sekunde daran, dass der Genderfeminismus eine koordinierte Verschwörung zur Erprobung irgendwelcher geisteswissenschaftlicher Theorien aus den 1960er Jahren sein könnte. Ich glaube eher, dass einige von Postmoderne und Poststrukturalismus beeinflusste Menschen Versatzstücke dieser Theorien bzw. Denkschulen zu einer Art von „Frankensteins Monster“ der Geisteswissenshaft zusammengesetzt haben, mit dem Erfolg, dass jetzt tatsächlich zumindest sie selbst an ihre konstruierte parallele Wirklichkeit mitsamt der „Erzählung“ vom Patriarchat glauben. So gesehen würden also der Relativismus und der Poststrukturalismus zumindest im Inneren der Filterblase der genderfeministischen SektiererInnen tagtäglich kleine Triumphe feiern. Leicht problematisch ist allerdings, dass die menschliche Schwäche, Überzeugte überzeugend zu finden, dem Genderfeminismus hin und wieder neue Anhänger zutreibt.

Vielleicht liege ich auch völlig daneben mit meiner Theorie über die „innere Logik“ des Genderfeminismus als Verschwörungsideologie.
Aber da diese Theorie so viel erklären würde was man an irrwitzigen Dingen von und über GenderfeministInnen hört, glaube ich das eigentlich nicht. Und mal angenommen, es wäre alles wahr, was fanatische GenderfeministInnen glauben, und das Patriarchat gäbe es wirklich — dann wäre ich ja auch nur ein Opfer der unsichtbaren Beeinflussung.

Im kommenden dritten Teil des Genderfeminismus 101 wird es dann darum gehen, warum die Quote der heilige Gral des Genderfeminismus ist.

4 Gedanken zu „Das alternative Genderfeminismus 101 – Teil 2: Der Genderfeminismus und die „Verschwörung des Patriarchats“

  1. mitm

    Sehr interessanter Artikel, den ich thematisch einordnen würde unter „Soziologie des (Gender-) Feminismus“ und indirekt als Kritik an den Gender Studies bzw. den theoretischen Grundlagen des heute regierenden Staatsfeminismus. Man muß natürlich, wie am Ende schon angemerkt, aufpassen, nicht zu viel zu spekulieren und am Ende ähnliche Fehler zu machen wie die Gender-Soziologen. Ferndiagnosen von anderen Leuten sind immer riskant.

    Eine ganz andere Frage ist, was einem die hier präsentierten Erkenntnisse politisch nützen. Das Beispiel Kreationismus zeigt ja leider, daß die Macht dieser Ideologie keineswegs darunter leidet, daß die Unwissenschaftlichkeit des intelligent design bestens bekannt ist.

    Es wird ja eher noch schlimmer. Ein Beispiel ist die aktuelle Konferenzankündigung „Feministische und queere Perspektiven für die Psychologie“, s. http://www.ruhr-uni-bochum.de/qfp/ , darin über das inhaltliche Konzept bzw. Selbstverständnis: „… distanzieren sie sich vom Ideal „objektiven“ und damit standpunktlosen Wissens“. Anders gesagt können diese „Wissenschaftler“ alle Argumente eines Debattengegners für ungültig erklären, weil er einen falschen Standpunkt hat. Eine wissenschaftliche Bankrotterklärung, die offizielle Doktrin einer Konferenz an einer „Universität“ ist. Ähnlichkeiten mit Koranschulen sind rein zufällig.

    „ist es unmöglich, die Nicht-Existenz von etwas zu beweisen, so dass die These von der Existenz des Patriarchats nicht widerlegt werden kann.“

    Nur der Vollständigkeit halber: Das ist das klassische Argumentum ad ignorantiam und gerade kein Beweis für die eigene Behauptung, daß kein Verhalten biologisch bedingt ist. Das Verblüffende dabei ist, daß die Genderforschung eigene Denkfehler sehr großzügig übersieht, während an gegnerische Argumentationen sehr hohe Qualitätsansprüche gestellt werden.

    „Allerdings ist es ebenso unmöglich, ein nicht vorhandenes Patriarchat bei nicht stattfindenden misogynen Handlungen zu erwischen.“

    Das funktioniert (zumindest ideologisch) leider anders herum: man findet durchaus misogyne Handlungen, der oder die Täter werden kurzerhand zu Repräsentanten des Patriarchats ernannt, womit die Existenz des Patriarchats einmal mehr bewiesen wäre. [Denksportaufgabe: wo ist der Argumentationsfehler?]

  2. kardamom

    …unmöglich, die Nicht-Existenz von etwas zu beweisen

    Nicht auf die Genderistas reinfallen, bitte.

    Immer noch gilt: Der, der behauptet, hat zu beweisen. Und in diesem Fall behaupten die Feministen die Existenz des Patriarchats.

    Die, die bestreiten, können das dann durch Widerlegung der Beweise.

  3. quellwerk

    Ich finde es klasse, dass du dir den Genderfeminismus vornimmst. Wenn es die Gender-Theorie nicht gäbe, wäre der Feminismus überhaupt nicht so wirkmächtig. Dann würden die Feministen immer noch bei Mary Daly hängen und mit Kategorien wie „elementarisches Wissen“, „elementarische Teilnahme am Sein“, „Transzendenz“, „biophiles Bewusstsein“,“Überwindung der acht Todsünden der Väter“,“Erratismus“,“Archaismus“,“Nomadentum“,etc. arbeiten. Die Gendertheorie hat diesen Essentialismus des Weiblichen zur Seite geschafft, woran noch viele Altfeministinnen leiden. Dafür hat der so geläuterte Feminismus Eingang ins Akademische gefunden, jetzt aber mit poststrukturalistischen Kategorien.

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